Die Raser, die offenbar immer häufiger auf der Hauptstraße in Stuttgart-Hoffeld unterwegs sind, nehmen keine Rücksicht. Nicht einmal auf Kinder. Davon berichtet eine Familie mit drei Töchtern.

Hoffeld - Es wäre schade, wenn erst etwas passieren muss, bis sich etwas ändert“, sagt Jochen Rieger. Der Hoffelder hofft, dass die Stadt handelt und es nicht darauf ankommen lässt. Der dreifache Familienvater fordert als einer von 62 Anwohnern der Hoffeldstraße die Einführung einer Tempo-30-Zone. Von dieser Liste hatte ein anderer Hoffelder, Udo Strauß, kürzlich dem Bezirksbeirat berichtet.

 

Die Zeit drängt, finden Rieger, seine Frau Tanja und die Töchter Jule (11), Lina (9) und Emilie (7). Denn seit die Familie vor sieben Jahren in ihr Haus gezogen ist, hat sich der Verkehr auf der Hoffeldstraße dramatisch verändert. „Die Leute ziehen gnadenlos durch, warten nicht, selbst wenn sie sehen, dass ein kleines Kind ins Auto gebracht wird“, sagt Jochen Rieger.

Und auch als Autofahrer werde man nicht durchgelassen, keiner nehme sich Zeit. Wo Rücksichtnahme angebracht wäre, herrschten Stress und Aggression. Vor allem in der Stoßzeit, bei Auto- und Busfahrern gleichermaßen, sagt Rieger. „Die Leute gehen volles Risiko, wollen einfach um jeden Preis schnell durchkommen.“ In Acht nehmen müsse man sich auch vor den „Sperrmülljägern“: Die seien flott unterwegs und hätten alles im Blick – nur nicht Fußgänger und spielende Kinder.

Die Gelenkbusse lassen nachts das Haus wackeln

Nicht zu vergessen sind nächtliche Raser. Und die langen Gelenkbusse, die den größten Krach machen, wie Jule sagt. „Wenn die Busse nachts vorbeifahren, wackelt das ganze Bett“, so die Elfjährige. Vor dem Haus zu spielen, hat der Papa den Mädchen mittlerweile verboten: zu unsicher. „Wir hatten erst eine Grenze vereinbart, die man nicht überqueren darf“, sagt er. „Aber wenn Kinder spielen, denken sie da nicht immer dran.“

Mit dem Rad fährt Jule nur noch auf dem Bürgersteig. „Auf die Straße traue ich mich nicht mehr“, sagt sie. Lina fährt dreimal die Woche mit dem Rad zum Hockey und muss dabei mehrmals die Straße queren – kein schöner Gedanke für die Eltern angesichts der PS-Protze, die sich aus Straßenschildern und Verkehrsregeln nichts machen. Die Mädchen haben mit eigenen Augen beobachtet, wie sich die Situation verschlechtert hat: Allein in diesem Jahr seien zwei Nachbarkatzen überfahren worden, ein Igel und drei Eichhörnchen. Emilie erinnert sich, wie sie das blutende Eichhörnchen hat auf der Straße liegen sehen. Der Anblick hat Eindruck hinterlassen. „Wir haben Angst, dass unsere Katze jetzt auch überfahren wird“, sagt Jule.

Die Baustelle war ein Segen

Dabei habe die Familie erst vor Kurzem gesehen, wie schön es an der Hoffeldstraße unter anderen Umständen sein könnte, erzählt Tanja Rieger. „Wir hatten zwei Monate eine Baustelle vor der Tür, und es sind gar keine Autos durchgekommen.“ Der Gewinn an Lebensqualität sei deutlich zu spüren gewesen. Kleine Kinder seien damals mit Tret-Traktoren auf der Hoffeldstraße herumgefahren und hätten zwanglos auf der Straße gespielt.

Doch so idyllisch müsse es aber gar nicht sein, finden die Riegers: Mit einer 30er-Zone wären sie mehr als zufrieden. Die Familie fühlt sich im Hoffeld eigentlich pudelwohl. Der Vater versteht sogar die Fahrer, die zügig heim oder aus dem Ort hinaus wollen . „Denkbar wäre auch eine Tempobeschränkung, die nur nachts gilt. Es geht um einen Kompromiss.“