Weil die Kriegswirtschaft der Nazis dringend Rohstoffe brauchte, wurden Glocken abgehängt, um sie einzuschmelzen. In Stuttgart waren es 91. Einige dieser Glocken blieben verschont und läuten heute noch – wie im Fall der Stuttgarter Stiftskirche.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Man sieht Glocken. Doch man hört sie nicht läuten. Der Film über die „Glockenabnahmeaktion“ in Stuttgart zu Beginn des Jahres 1942 hat wie alle 58 Einzelfilme der Stuttgarter Kriegsfilmchronik keine Tonspur. In diesem Fall könnte das sinnbildlicher nicht sein. Denn vielerorts in Stuttgart verstummten in jener Zeit die Glocken. Die Nationalsozialisten hatten verfügt, dass bronzene Kirchenglocken und Glocken an Rathäusern abgehängt werden mussten, um sie einzuschmelzen. Sie hatten es auf das Kupfer und Zinn der Glocken abgesehen, Metalle, die knapp und kriegswichtig waren. Sie dienten der Herstellung von Munition. Das Glockengeläut, das an die Uhrzeit erinnert und in kirchlichem Sinne auch an die Ewigkeit, ging fortan im Kriegslärm unter.