Die Filmerin Yvonne Arnold ist in die Kleinstadt Stuttgart im US-Bundesstaat Arkansas gereist. Dort stieß sie auf warmherzige Menschen, ein seltsames Deutschlandbild und niemanden, dem das Wort „Schwäbisch“ noch etwas sagte.

Stuttgart - Wie lebt es sich eigentlich im amerikanischen Stuttgart, einem kleinen Städtchen im Herzen des US-Bundesstaates Arkansas? Um das herauszufinden machte sich die Stuttgarter Dokumentarfilmerin Yvonne Arnold (40) auf in die amerikanische Kleinstadt, die im 19. Jahrhundert von einem schwäbischen Auswanderer gegründet wurde. Im Interview erzählt Arnold, warum sie sich dort wie ein Superstar fühlte, wie sie plötzlich zur schwäbischen Patriotin wurde und warum alteingesessene Schwaben unbedingt nach Arkansas reisen sollten.

 
Frau Arnold, wie haben Sie sich gefühlt, als Sie mitten im US-Bundesstaat Arkansas das Ortsschild Stuttgart am Straßenrand sahen?
Ich kam nachts nach langer Fahrt in Stuttgart an und als ich das Ortsschild sah, ging mir wirklich mein Schwabenherz auf. Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind. Skurriler Weise hat sich das ein bisschen wie Heimkommen angefühlt, aber auf ganz unwirkliche Weise. Als hätte jemand Stuttgart in Disneyland nachgebaut und ich würde das jetzt besuchen.
Und wie war der zweite Blick auf die Stadt?
Also, wenn man Stuttgart mit seinen Schlössern, Sehenswürdigkeiten und Hügeln kennt, ist das natürlich sehr ernüchternd. Die Stadt ist nicht wirklich hübsch und nachts wie ausgestorben. Da hab ich mich schon kurz gefragt: „Was machst du hier eigentlich?“ Aber dann hab ich all diese entzückenden, lieben Menschen kennengelernt und festgestellt: Das ist es, was den Ort eigentlich ausmacht.
Die Stuttgarter Dokumentarfilmerin Yvonne Arnold war in Stuttgart zu Besuch. Foto: Yvonne Arnold
Was hat Sie in Stuttgart überrascht?
Der Südstaatenakzent. Und diese enorme Offenheit. Ich wurde dort wirklich behandelt wie ein Superstar – fehlte nur noch, dass sie den roten Teppich vor mir ausgerollt hätten. Alle waren mir gegenüber sehr herzlich, offen und neugierig. Ich habe da überhaupt keinen Argwohn gespürt – noch nicht mal bei den Polizisten, mit denen man richtig rumalbern konnte.
Wie waren die Reaktionen der Leute, als sie erfuhren, dass Sie aus dem deutschen Stuttgart kommen?
Sehr positiv. Stuttgart war den Leuten gleich ein Begriff. Schwaben allerdings nicht. Sie haben dort leider auch dieses stereotype „bayerische“ Bild von den Deutschen mit Lederhosen, Bierkrug und Bratwurst. Also von Fanta 4 hat da noch keiner was gehört.
Das hat sie enttäuscht?
Ich war eher entrüstet! Warum müssen eigentlich immer die Bayern als Symbol für Deutschland herhalten? Da wurde ich plötzlich zur schwäbischen Patriotin. Ich war dort irgendwann auf einer richtigen Schwaben-Verteidigungstour unterwegs und hab denen alles von der Erfindung des Autos bis zu „Herrgottsbscheißerle“ erzählt. (lacht) Ich glaube, die haben mich irgendwann für ein bisschen verrückt gehalten!
Welche Rolle spielt für die amerikanischen Stuttgarter ihre deutsche Vergangenheit?
Das Verhältnis zur Vergangenheit ist im Grunde etwas zwiespältig. Alle können einem wie aus der Pistole geschossen die Herkunft ihrer Vorfahren aufzählen. Und sie feiern voller Begeisterung und Stolz ihr "German Fest" mit deutschen Tänzen, Bier und Bratwürsten. Da steckt viel Gefühl dahinter und das darf man ihnen auf keinen Fall wegnehmen. Aber das basiert im Grunde auf sehr wenig historischem oder kulturellem Wissen.
Würden Sie anderen deutschen Stuttgartern raten, die Stadt zu besuchen?
Auf jeden Fall! Da kann man viel Spaß haben. Und sie brauchen dort wirklich schwäbische Entwicklungsarbeit. Also das würde ihnen guttun, wenn da mal ein paar richtige alteingesessene Stuttgarter vorbeikämen. Da hätten sie mehr davon als von irgendeinem uralten Brief von Manfred Rommel in ihrem Rathaus.
Haben Sie einen besonderen Tipp für deutsche Touristen, die nach Stuttgart kommen?
Ja, sie sollten ihr Bier am Samstag kaufen! (lacht) Ich wollte mir am Sonntag nach der langen Autofahrt in einem Kiosk ein Bier holen und hab dann festgestellt, dass das nicht ging: Alle Kühlschränke mit alkoholischen Getränken waren mit massiven Stahlketten und riesen Schlössern gesichert. Das verkauft man dort an einem Sonntag nicht.

Stuttgart ist nicht nur eine Stadt in Baden-Württemberg, Stuttgart liegt auch in Arkansas, USA. Das amerikanische Pendant der Landeshauptstadt hat zwar weder Häuser in Halbhöhenlage noch die Wilhelma zu bieten. Dafür hat sich der beschauliche 9300-Seelen-Ort selbstbewusst zur „Reis- und Entenhauptstadt der Welt“ ernannt. Was die Dokumentarfilmerin Yvonne Arnold in Stuttgart, Arkansas, erlebt hat, das finden Sie in unserem Online-Themenspecial.