19.115 Läufer, bestes Wetter und die traditionelle, idyllische Strecke am Neckar: Der 19. Stuttgart-Lauf war ein voller Erfolg. Am Ende lief Jan Fitschen als Erster über die Ziellinie im Mercedes-Benz-Stadion.
Stuttgart - Seinen Sieg bejubelt Jan Fitschen mit Stil. Nachdem er im Ziel in der Mercedes-Benz-Arena angekommen ist, verbeugt er sich mit einer ausladenden Armbewegung vor den Zuschauern auf der Haupttribüne. In 1:06,55 Stunden hat der 35-Jährige vom TV Wattenscheid den Halbmarathon beim 19. Stuttgart-Lauf gewonnen – und er strahlte über das ganze Gesicht: „Denn mit Stuttgart verbinde ich tolle Erinnerungen.“
Jan Fitschen ging als Sieger über die Ziellinie.Pressefoto Baumann
Der Traum von London war geplatzt
All dies verlieh ihm nun bei seiner ersten Teilnahme am Stuttgart-Lauf zusätzliche Motivation. „Ich wollte unbedingt gewinnen“, sagt Fitschen. Und das zeigte er vom Start an, früh distanzierte er seine Konkurrenten. Bereits auf der Hälfte der Strecke hatte der Favorit fast eine Minute Vorsprung auf Tobias Sauter, der auch nach 21,1 Kilometern am Ende souveräner Zweiter (1:08,54) war. Der 28-Jährige aus Leonberg trauerte dem verpassten Sieg aber nicht eine Sekunde nach. „Ich bin vollkommen zufrieden. Für mich war das schließlich ein Neuanfang“, sagte er. Eineinhalb Jahre musste Sauter wegen hartnäckiger Adduktorenprobleme pausieren. Auf Platz drei lief der Stuttgarter Jonathan Harre (1:11,31) ins Ziel.
So sehr sich Jan Fitschen über seinen Erfolg freute, über seinen sportlichen Tiefpunkt dieses Jahres am 28. April kann es ihn nicht hinwegtrösten. An diesem Tag wollte er eigentlich beim Marathon in Düsseldorf die Norm für die Olympischen Spiele erfüllen. Doch nach 24 Kilometern musste er aufgeben – wegen eines Muskelbündelrisses. Der Traum von London war geplatzt. „Ich kann das noch nicht abhaken und wegstecken“, sagt Fitschen. „Alle reden ja gerade von London!“ Resigniert hat er aber nicht. „Ich habe schon bitterere Erfahrungen gemacht.“ 2002 musste er seinen Start über 5000 Meter bei der Leichtathletik-EM einen Tag vor dem Rennen wegen Magenproblemen absagen. „Manchmal läuft es eben nicht – und manchmal so super wie heute.“
Christine Schleifer siegte bei den Frauen.Pressefoto Baumann
Einlauf in die Arena
Vom Einlauf in die Arena schwärmten die Teilnehmer besonders. „Wenn man hereinkommt, hat man sofort eine Gänsehaut,“ sagte Jonathan Harre. Auch die Organisatoren vom Württembergischen Leichtathletik-Verband (WLV) waren zufrieden – mit der Stimmung, aber auch mit der Teilnehmerzahl am Wochenende.
Die Hoffnung der Veranstalter, mit dem Zieleinlauf im Stadion und der Rückkehr zur alten Strecke entlang des Neckars wieder mehr Freizeitsportler zum Stuttgart-Lauf zu locken, hat sich erfüllt. Am Wochenende nahmen insgesamt 19 115 Menschen an den Läufen teil; im Vorjahr sind es fast 1000 weniger gewesen. Für den Halbmarathon wurden 8971 Teilnehmer verzeichnet (2011: 7876), beim Lauf über sieben Kilometer 3189 (2011: 3174). Zu dem positiven Fazit trug auch entscheidend bei, dass der Halbmarathon in diesem Jahr pünktlich gestartet werden konnte. Im vergangenen Jahr musste er 25 Minuten verschoben werden, weil die Behörden die Strecke noch nicht frei gegeben hatten. „Deshalb waren wir dieses Mal am Sonntagmorgen alle sehr angespannt“, gab der Projektleiter Gerhard Müller zu. Doch eine Stunde vor dem Start um 9 Uhr seien ihm dann „zahlreiche Steine vom Herzen gefallen“, die Polizei hatte die Strecke frei gegeben. Bei bestem Laufwetter und 17 Grad gab es zudem für die Sanitäter laut Müller „sehr wenige Hilfseinsätze“.
Der WLV-Präsident Jürgen Scholz verband seine Bilanz zugleich mit einem Ausblick auf 2013: „Das war ein idealer Probelauf für die 20. Auflage im nächsten Jahr. Und dann wollen wir bei der Teilnehmerzahl wieder die 20 000-Marke knacken. Schließlich geht es immer noch etwas besser.“ Jan Fitschen will dann auch wieder als Erster in der Mercedes-Benz-Arena ankommen. Sein nächster großer Auftritt in Stuttgart steht allerdings schon morgen an. Bei einer Laufaktion des Deutschen Leichtathletik-Verbands wird er am Schillerplatz Freizeitsportler „betreuen, antreiben und unterhalten“, wie er sagt.