Beim Stuttgart-Lauf war mit Alfred Meyer (93) und seinem Urenkel Henrik (vier Monate) der älteste und jüngste Teilnehmer am Start.

Untertürkheim - Sonntag um 12.35 Uhr: Die Besten im Halbmarathon haben die Ziellinie längst überquert und auch den Sieger des Sieben-Kilometer-Laufs haben die Zuschauer in der Mercedes-Benz-Arena gefeiert, den frenetischsten Applaus erhielt jedoch die Sechs-Mann-Gruppe, die auf die Zielgerade einbog. „Alfred Meyer, unser Lauf-Opa. Der mit Abstand älteste Teilnehmer“, hatte der Stadionsprecher den Untertürkheimer mit der Startnummer 3276 bereits zwei Minuten zuvor angekündigt. Lockeren Schrittes lief der 93-Jährige winkend Richtung Ziel. Er war nicht allein auf der Strecke. „Dieses Jahr waren vier Generationen Meyer am Start“, erzählte er wenige Meter nach dem Ziel freudestrahlend und keineswegs atemlos.

 

Mit auf der Sieben-Kilometer-Strecke waren sein Sohn Peter Meyer und sein Schwiegersohn Eberhard Jung aus Hedelfingen sowie die Enkel Cedric Meyer und Dominik Jung. „In dieser Formation waren wir bereits das fünfte oder sechste Mal am Start“, erzählt Dominik Jung. Und zugleich das letzte Mal: Nach dem Zieleinlauf im vergangenen Jahr hatte er seinen Vater Eberhard und seinen Opa Alfred zur Seite genommen. „2018 läuft wahrscheinlich die vierte Generation mit“, verriet er seinen Mitläufern ein bis dahin gehütetes Geheimnis. Am 14. Februar war es dann soweit: Henrik, Alfred Meyers Urenkel, erblickte das Licht der Welt.

Mitmachen Ehrensache

Laufen liegt ihm scheinbar im Blut. Freudig strampelnd lag der Wonneproppen im roten Laufkinderwagen und lachte alle Starterinnen und Starter an, die sich auf den Sieben-Kilometer-Lauf vorbereiteten. „Viel Zeit für Lauftraining blieb Henrik zwar nicht, aber es war Ehrensache, dass er mit seinen vier Monaten am Stuttgart-Lauf teilnehmen wird“, witzelt sein stolzer Vater. Da hat Henriks Uropa einen deutlichen Trainingsvorteil. Der 93-jährige läuft jede Woche dreimal mindestens 15 Kilometer. „Von der Egelseer Heide bis zum Jägerhaus und wieder zurück“, erzählt er. Sport gehörte schon immer zum Leben des Untertürkheimers. Jahrelang kickte „Fred“, wie ihn seine Sportkameraden rufen, für die SG Untertürkheim. Er war als Torwart zunächst die Stütze der ersten Mannschaft und dann später des „Alte-Herren-Teams“. Nach seiner Fußball-Karriere wechselte der Daimler-Mitarbeiter zur Leichtathletik-Abteilung der SG Stern und entdeckte die Freude am Laufen. Mit 60 Jahren absolvierte er den ersten Marathon. „In 3:47 Stunden in München. Ein größeres Ereignis war jedoch meine Teilnahme am New-York-Marathon im 62. Lebensjahr“, schwärmt der Untertürkheimer. „Aber die Stimmung hier, beim Sieben-Kilometer-Lauf, ist ebenfalls phänomenal. Die Zuschauer an der Strecke jubeln uns lautstark zu.“

Vier-Generationen-Gruppe gut erkennbar

Die Vier-Generationen-Gruppe war im Pulk der Läufer gut erkennbar. Denn ein Freund der Familie, Helge Reil, trug eine Fahne mit der Aufschrift „93 Jahre Opa Alfred“ und auf den weißen Sport-Shirts prangte unüberlesbar der Name „Meyer“ beziehungsweise „Schwieger-Meyer“. Unverkennbar und scheinbar unermüdlich an der Spitze, leicht vornüber gebeugt und mit einer orangefarbenen Laufbrille gegen die Sonnenstrahlen auf der Nase, lief Opa Meyer mit der großen Nummer 1 auf der Brust voran. „Mein Vater gab immer das Tempo vor und wir mussten schauen, wie wir hinterherkommen“, erzählte Peter Meyer lachend. Der niedergelassene Orthopäde begrüßt auch aus gesundheitlichen Gründen den Laufeifer seines Vaters. Sein großes Ziel: Er will in dessen Fußstapfen treten und mit 62 Jahren am New-York-Marathon teilnehmen. Und natürlich körperlich und geistig so fit wie Alfred Meyer bleiben.

Denn auch wenige Sekunden nach Überquerung der Ziellinie hatte der Untertürkheimer noch den Schalk im Nacken. Der Stadionsprecher fragte ihn nach seinem Alter. „Ich habe die Zahlen einfach umgedreht und 39 geantwortet“, erzählte er knitz. Worauf der Stadionsprecher ihn korrigieren wollte. „1939 haben Sie wohl gemeint“, fragte der Reporter noch mal nach und bekam die richtige Antwort. „Nein, 1925.“ Der schlagfertige „Lauf-Opa“ hatte wieder einmal die Lacher auf seiner Seite. Auch mit seiner Zeit von einer Stunde und fünf Minuten war der Untertürkheimer zufrieden. „Das Wetter war optimal. Es hat wieder Spaß gemacht“, zog er mit seiner 20. Stuttgart-Lauf-Medaille um den Hals und seinem Urenkel Henri in den Armen eine positive Bilanz des Sieben-Kilometer-Laufes. https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.mercedes-benz-arena-in-stuttgart-anpfiff-fuer-das-neue-stadiondach.4e836da3-0c48-4b09-a970-fd159a471c05.html