Das Stadtplanungsamt hat erste Entwürfe zur Gestaltung des Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz in der City zu einem echten Erinnerungsort vorgelegt.

Endlich, wird so mancher ausrufen. Endlich kommt Bewegung in die Sache Erinnerungsort am Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz. Klaus Volkmer präsentierte im Bezirksbeirat Mitte – erneut ohne Bürger – per Videokonferenz die ersten Entwürfe. Auch wenn der Stadtplaner mehrfach betonte, dass es sich um ein Zielkonzept und eine Vorstudie handele, waren alle Bezirksbeiräte sowie die zugeschalteten Betreuungsstadträte im Großen und Ganzen zufrieden mit den ersten Visualisierungen. Nun wisse Volkmer, dass er auf einem guten Weg sei und zügig weiterarbeiten könne.

 

Allein der Zeitpunkt der Fertigstellung trübte die Freude der Räte samt Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Volkmer zeigte sich nämlich skeptisch, dass der Erinnerungsort hinter der Parkhauszufahrt an der Neuen Brücke noch im Jahr 2023 seiner Bestimmung übergeben werden kann. Dies wiederum wäre aus Sicht von Veronika Kienzle (Grüne) eine feine Sache. Denn 284 Jahre ist es schon her, dass Joseph Süß-Oppenheimer in Stuttgart umgebracht wurde. Und vor 24 Jahren haben der damalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignaz Bubis, und der frühere Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) die Fläche hinter dem damaligen Hertie und dem Dreifarbenhaus nach dem Justizopfer als Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz am 15. Oktober benannt. Es ist ein symbolisches Datum in doppelten Sinne: Der 15. Oktober 2023 ist auch der 325. Geburtstag Joseph Süß Oppenheimers.

„Ort Stuttgarter Schuld“

Bedeutet: Die Einweihung des Erinnerungsortes und das Platzjubiläum ließen sich prima in Sinne des Gedenkens verbinden. Ganz aufgegeben hat Veronika Kienzle die Hoffnung nicht: „Aber selbst wenn es nicht klappt mit der Fertigstellung, könnte man dort einen kulturellen Auftakt zum Jubiläum machen.“

Die Gründe für Dauer der Planungen und Arbeiten liegen in der grundsätzlichen Instandsetzung des Platzes. Denn bisher ist dieser Platz aus Sicht von Stiftungsvorstand Michael Kienzle, der nun in Abstimmung mit der Stiftung Geißstraße gestaltet werden soll, nicht nur ein „Ort Stuttgarter Schuld“. Dieser Platz sei trotz einiger bürgerschaftlicher Bemühungen das geblieben, was er war: „Ein schmutziger Unort, zunehmend vermüllt, widerrechtlich zugeparkt und ohne jede Aufenthaltsqualität.“ So sei der Platz keine Würdigung, sondern das Abbild eines halbherzigen Umgangs mit dem prominentesten Opfer des bis heute virulenten Antisemitismus’ geworden, meint Altstadtrat Kienzle. Diese Ansicht teilte zuletzt auch Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne). In einem Brief an Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) bekräftigte Aras jetzt ihre Forderung nach einer Platzgestaltung, „die angemessen an Joseph Süß Oppenheimer erinnert“.

Nicht zuletzt deshalb wird unter anderem der Bodenbelag saniert. Zudem sind im 900 000-Euro-Paket Sitzmobiliar, Begrünung in Form von Pflanztrögen und die Arbeitsleistung der „Design und mehr GmbH“ enthalten.

Anmutung an den Gerda-Taro-Platz

Aus der Denkschmiede von Herwig Schneider stammt auch der Entwurf für den Erinnerungsort. Nicht von ungefähr kommt es, dass die Anmutung sehr an die des Gerda-Taro-Platzes erinnert. Auch dort drückte Schneider dem Gedenken an die Stuttgarter Kriegsfotografin seinen Stempel auf. Will sagen: Der Namenszug von Joseph-Süß Oppenheimer wird wie der von Gerda Taro durch das Ausstanzen der Lettern auf verrostetem Stahl weithin sichtbar.

Im Inneren des Erinnerungsquadrats sollen laut Schneider und Volkmer die Informationen zu Joseph-Süß Oppenheimer in Textform zu lesen sein. Allerdings wolle man dies in reduzierter Weise tun. Möglicherweise werden sogenannte QR-Codes zu finden sein, die einen auf Internetseiten zu Joseph-Süß Oppenheimers Schicksal weiterleiten.

Der „Geheime Finanzrat“ Oppenheimer war 1738 Opfer eines antisemitisch motivierten und öffentlich vollzogenen Justizmordes in Stuttgart geworden. Die Nationalsozialisten hatten den Stoff zudem in dem von Veit Harlan produzierten, hetzerischen Film „Jud Süß“ propagandistisch ausgeschlachtet.