Ein Bauwagen auf einer Wiese neben der Jugendfarm an der Balinger Straße in Stuttgart-Möhringen soll zum Treffpunkt vor allem für Jugendliche aus Stuttgart-Kaltental werden. Dafür müssen die Mädchen und Jungen aber auch was tun.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen/Kaltental - Die Kaltentaler Jugend hat es schwer. Denn für die Jugendlichen im Stadtteil gibt es keine geeigneten Räume. Allenfalls die Spielplätze sind für die Mädchen und Jungen in den Abendstunden ein Treffpunkt. Das aber ist von den Nachbarn auch nicht immer gern gesehen und schon gar nicht gern gehört.

 

Zu diesem Ergebnis kamen auch das Stadtplanungsamt in seinen vorbereitenden Untersuchungen für das Stadteilsanierungsprogramm und die Jugendhilfeplanung in ihrem Masterplan Jugendräume. Die Lösung ist die Farm an der Balinger Straße 111. Die ist zwar streng genommen in Möhringen, befindet sich jedoch genau an der Gemarkungsgrenze. Die Jugendlichen aus Kaltental müssen lediglich den zugegebenermaßen sehr steilen Burggrafenweg bewältigen. „Die Jugendhilfeplanung kam auf uns zu und stellte uns die Idee vor“, sagt Thomas Lang. Er ist einer der drei hauptamtlichen Farmmitarbeiter.

Das neue Angebot schließt eine Lücke

Das Team fragte zunächst die Jugendlichen auf der Farm – und die waren begeistert. „Wenn sie das Projekt nicht mitgetragen hätten, wären wir auch nicht eingestiegen“, sagt Sandra Brede-Haße. Die hauptamtliche Mitarbeiterin wird zunächst für den Jugendtreff verantwortlich sein. Für die Farm hat ein Jugendtreff viele Vorteile. „So schließt sich eine Lücke“, sagt Lang. Denn die Angebote richten sich an Kinder vom Schuleintritt bis etwa 15 Jahren. Danach können sich die Mädchen und Jungen entweder ehrenamtlich engagieren und mithelfen, oder sie wenden sich anderen Dingen zu. Darüber hinaus gibt es Familien-Samstage, die sich an jüngere Kinder mit ihren Eltern und Großeltern richten. Nur für die Jugendlichen, die sich nicht gleich ehrenamtlich engagieren, sondern sich einfach nur treffen wollen, gibt es bisher nichts.

Das wird sich nun ändern. Ein paar Eckdaten stehen bereits fest. Der Jugendtreff wird auf der Wiese vor der Jugendfarm entstehen. Das Gelände gehört der EnBW. Die Jugendfarm nutzt es schon lange, um Heu für die Tiere zu machen. Der Jugendtreff wird kein festes Gebäude, sondern ein ausgebauter Bauwagen. Dieser könnte am Ende in etwa so aussehen, wie die Bauwagen der Naturkindergartengruppen.

Die Jugendlichen haben erste Entwürfe gemacht

Das Fahrgestell für den Jugendtreff gibt es bereits. Es ist etwa neun Meter lang und zwei Meter breit. Die auf der Farm ehrenamtlich engagierten Jugendlichen haben auch schon ein paar Ideen gesammelt. Auf ihrer Freizeit in Österreich haben sie Modelle gebastelt. Die Mädchengruppe war sehr detailverliebt. In ihrem Entwurf gibt es nicht nur eine überdachte Terrasse, sondern auch schon viele Einrichtungsgegenstände bis hin zu bunten Blumentöpfen an der Leiter. Andere Gruppen haben sich auf das Wesentliche beschränkt.

Was den Jugendlichen wichtig ist, und was umsetzbar ist, wollen die Farmmitarbeiter mit den künftigen Nutzern am Freitag, 28. September, diskutieren. Dann sind alle Jungen und Mädchen von 15 Jahren an zur Auftaktveranstaltung auf die Wiese eingeladen. In den vergangenen Tagen haben die auf der Farm ehrenamtlich engagierten Jugendlichen Handzettel mit den entsprechenden Infos in die Briefkästen in Kaltental gesteckt. „Wir hoffen, dass ganz viele kommen. Viele kennen die Farm sicher noch aus ihren Kindertagen. Für andere wird es ein neues Terrain“, sagt Lang.

Wie es auf der Farm üblich ist, dürfen die Jugendlichen ihren neuen Treffpunkt selbst bauen, sozusagen mit der Hand am Arm und mit Hilfe der Farmmitarbeiter. Los geht es im Oktober. Im Spätherbst soll der Anhänger fertig sein. „Ich pack’s selbst an“ heißt das Motto des Projekts, und das müssen die Mädchen und Jungen auch in die Tat umsetzen. „Es geht um das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Zu dem, was ich selbst geschaffen habe, habe ich auch eine besondere Beziehung“, sagt Lang. Till Warth, ebenfalls hauptamtlicher Farmmitarbeiter, ergänzt: „Das ist eine Chance für die erste Generation.“

Das Projekt ist mit 18 000 Euro ausgestattet

Es ist ein Modellprojekt. Einen Jugendtreff mit einer so engen Beziehung zu einer Jugendfarm gibt es bisher noch nicht. „Den Nutzern des Jugendtreffs steht letztlich der gesamte Platz zur Verfügung, von der Werkstatt bis hin zu den Tieren. Das ist bisher einmalig“, sagt Lang.

Das Vorhaben ist mit 18 000 Euro ausgestattet. 12 000 Euro kommen aus dem Projektmittelfonds „Zukunft der Jugend“. Den Rest der Summe stemmt die Farm aus Eigenmitteln und Spenden, unter anderem von der Firma Scharr. Die finanzielle Förderung ist zunächst bis Ende 2019 befristet. Für die Zeit danach hofft die Farm auf eine Regelfinanzierung. Denn die Zeit für die Betreuung des Jugendtreffs müssen die Mitarbeiter zunächst zumindest teilweise von ihrer Zeit für die Betreuung der Farm abknapsen. Auf Dauer ist das nicht möglich. Deshalb setzt die Farm mittelfristig auf eine zusätzliche Stelle – vorausgesetzt, der Jugendtreff wird ein Erfolg. Und davon gehen aktuell alle Beteiligten aus.