Stuttgart-Möhringen Viele Fragen beim Tafelladenbesuch

Die evangelische Kirchengemeinde hat zu einem Besuch im Tafelladen eingeladen. Der Termin ist Teil der Schwerpunktreihe zum Thema soziale Gerechtigkeit im Rahmen des Erwachsenenbildungsprogramms Treff am Turm.
Möhringen - Turnschuhe, Cordhose und Strickmütze – ganz leger führt der Pfarrer Winfried Maier-Revoredo die Besucher zum Hintereingang des Tafelladens an der Filderbahnstraße 53. Nach kurzem Warten öffnet sich die Tür, und die Angestellte Marina Eisele führt die 15 Neugierigen hinein. Die gelernte Einzelhandelskauffrau verbringt die nächste Stunde damit, die vielen Fragen ihrer Gäste zu beantworten.
Der Tafelladen ist Teil des Vereins Schwäbische Tafel und wird sowohl von großen Lebensmittelspenden der Hersteller als auch von lokalen Supermärkten unterstützt. Auch Einzelpersonen können Lebensmittel sowie Kleidung und Spielzeug bringen. Bedürftige erwerben die Spenden dann im Tafelladen zu einem günstigen Preis.
Um 7 Uhr morgens beginnt der Tag von Marina Eisele und ihren Mitarbeitern. Dies sind Ein-Euro-Jobber, Ehrenamtliche und Menschen, die Sozialstunden ableisten müssen. Außerdem können sich Flüchtlinge dank Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen etwas dazu verdienen. Die Mitarbeiter laden die Spenden aus, sortieren und drapieren sie. Einiges muss auch mal frisiert werden, um ansprechend auszusehen.
Normalität ist das Credo
Montags von 11 und dienstags bis freitags jeweils von 10 Uhr an können Bedürftige dann einkaufen. Es kommen etwa 350 pro Tag. Jeder muss nachweisen, dass er wirklich wenig Geld hat. Das geht entweder mit der sogenannten Bonuskarte der Stadt oder dem Rentenbescheid. Es gibt auch eine Kundenkarte der Tafel. Die Klientel ist bunt gemischt. Es kommen Ältere, große Familien und Flüchtlinge. Oft haben sie nur zwischen 530 und 750 Euro pro Monat zur Verfügung.
Wichtig ist dem Team des Möhringer Tafelladens neben der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung vor allem der Mensch mit seinen Persönlichkeitsrechten. Er soll sich wie im normalen Supermarkt selbst aussuchen können, was er einkaufen möchte. Er kann auch mehrmals am Tag kommen, denn das kann man in anderen Supermärkten auch.
Normalität ist das Credo. Dieser Blickwinkel hat eine Kehrseite. Manchmal kommt bei den Kunden Unmut auf und sie fragen, warum Dinge schon ausverkauft sind. Doch solange es genug gibt, schränken die Mitarbeiter den Einkauf nicht ein. Generelle Mangelware ist alles mit langem Haltbarkeitsdatum wie zum Beispiel Konserven, Nudeln und Mehl. Übrig bleiben hingegen oft eher unbekannte Dinge. Menschen aus anderen Ländern stehen Gemüse wie Wirsing oder Spargel eher skeptisch gegenüber. Da müssen die Mitarbeiter die entsprechenden Lebensmittel für ihre Kunden schmackhaft machen.
Der Tafelladen ist auch ein Treffpunkt
Immer wieder gibt es Redebedarf. „Dann braucht man auch mal einen Dolmetscher oder man spricht mit Händen und Füßen,“ sagt Eisele. Sie beobachtet zudem immer häufiger, dass die Stehtischecke für einen günstigen Kaffee und ein Gespräch gern genutzt wird. Sie hat die Ecke eingerichtet, „damit es hier auch einen Treffpunkt gibt“.
Gesprächsbedarf gibt es auch zum Thema soziale Gerechtigkeit unter den Besuchern. Ist das Modell der Tafel gerecht? Maier-Revoredo sagt hierzu: „Es lindert Not. Daher ist es auf jeden Fall sinnvoll, aber es löst die Probleme nicht an der Wurzel. Es sind Symptombekämpfungen. Doch es hilft den Menschen, daher sollte man es nicht lassen. Aber man sollte sich dessen bewusst sein.“ Einige fürchten, dass es Leute geben könnte, welche die Waren teurer weiterverkaufen. Ein Besucher entgegnet: „Einer, der normal verdient, kommt doch nicht auf die Idee, den Weiterverkauf als Geschäftsmodell aufzubauen.“ Auch diese Personen hätten es nötig.
Die Besucher kommen jedoch nicht nur wegen der Diskussion über soziale Gerechtigkeit. Gabriela Börcsök erzählt: „Ich komme hier oft vorbei, Leute kommen rein, Leute kommen raus, es ist ein bunt gemischtes Publikum. Da wollte ich wissen, was hinter den Kulissen abläuft.“ Sie kann sich auch gut vorstellen, in ein paar Jahren als Rentnerin bei der Tafel tätig zu werden.
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