In Zeiten, in denen Kirchen einen immensen Mitgliederrückgang zu beklagen haben, versucht Diakon Martin Fischer etwas Neues: Mit dem Projekt „homebase“, Popmusik und moderner Lichttechnik will er die Gottesdienste attraktiver machen.

Neugereut - In Zeiten, in denen auch die katholische Kirche Mitglieder verliert, setzt diese nun in Neugereut ein Zeichen dagegen mit dem Projekt von Martin Fischer. Er ist gelernter Betriebswirt, Vater dreier Kinder, war als Unternehmer selbstständig und ist jetzt seit Januar in Neugereut als katholischer Diakon Vollzeit im kirchlichen Dienst. Sein neues Projekt heißt „homebase“. Das englische Wort soll die Suche nach Heimat verdeutlichen. „Es geht darum, was die Sehnsucht der Menschen ist. Das ist die Suche nach Heimat“, sagt der 52-jährige Theologe. „Es ist unser Anspruch, geistliche Heimat zu sein.“ Das will er in Neugereut und im Seelsorgebezirk Stuttgarter Madonna verwirklichen. Fischer will sich als Diakon um diejenigen kümmern, die nicht mehr in den Gottesdienst kommen. Er möchte mit „toller lebendiger und zeitgemäßer Lobpreismusik“, von einer Band gespielt, Menschen erreichen, die sich nicht mehr zur Kirche zugehörig fühlen. „Es fehlen junge Erwachsene ab 25 bis 45 Jahren und Familien.“ Damit Familien wieder kommen, möchte er jeden Sonntag Kindergottesdienst anbieten. Am besten für verschiedene Altersklassen.

 

Viele Freikirchen haben Zulauf

Und das in Zeiten, in denen die etablierten Kirchen an Mitgliedern verlieren und viele Freikirchen enormen Zulauf haben. Der Entwicklung tritt Fischer entgegen. Sein Projekt und Angebot von „homebase“ soll nicht das bestehende Angebot ersetzen, sondern eine Ergänzung sein, sagt er. Seine neue Gottesdienst-Reihe startet im Ökumenischen Zentrum in St. Augustinus am 27. Januar. Er will im Gottesdienstraum „eine wärmende Atmosphäre“ auch mit moderner Lichttechnik schaffen. Gottesdienste sollen jede Woche stattfinden mit mehr Zeit für Musik und zeitgemäßer Predigt.

Fischer hat bei der katholischen Kirche für die Seelsorgeeinheit Stuttgarter Madonna eine halbe reguläre Stelle bekommen und eine halbe Stelle für das homebase-Projekt von der Bischof-Moser-Stiftung. Das Projekt ist in der Diözese einmalig, sagt er. Er hat ein 30-köpfiges Team, mit dem er das Projekt aufbauen will.

2100 Mitglieder in Neugereut

Fischer hat einst die katholische Kirche verlassen und ist zu einer Freikirche, der Missionsgemeinde in Weinstadt, gewechselt. „Dort habe ich eine Berufung als Diakon erhalten“, sagt er und erklärt damit, warum er sich wieder der katholischen Kirche zugewandt hat. Er war ausgetreten, weil er mit verschiedenen theologischen Dingen seine Schwierigkeiten hatte, etwa an der Marienverehrung. Jetzt hat er zur katholischen Kirche sein volles Ja gegeben. „Das war ein langer Prozess“, erklärt er, von 2003 an. Es kamen ein theologisches Fernstudium, die diözesane Ausbildung und 2014 die Weihe. Fischer wohnt mit seiner Familie in Aichwald und freut sich, in Neugereut loslegen zu können. Die Gemeinde der Stuttgarter Madonna umfasst 9000 Katholiken, allein 2100 in Neugereut. Pfarrer Mattes war sein Mentor. „Mit ihm habe ich überlegt, wo wir das Projekt einrichten können.“ Die freikirchliche Gemeinde habe ihn ausgesandt. „Es war ein gutes Auseinandergehen und für mich nun ein neuer Weg.“ Jetzt will er etwas ausprobieren, was es so noch nicht gibt und neue Zielgruppen erreichen. Die Erfahrungen, die er in Freikirchen gemacht hat, werden mit in die Arbeit einfließen. „Die freikirchlichen Gemeinden machen einiges gut und richtig, das in der katholischen Kirche fehlt“, sagt er. So sei sein Ziel, die Traditionen und Schätze der katholischen Kirche zu wahren, diesen aber einen modernen, zeitgemäßen Rahmen zu geben. Die Begrüßung am Eingang ist ihm wichtig. So hat er ein Begrüßungsteam gewonnen.

Lobpreisteam für die Musik

Priester werden den Diakon unterstützen, sodass in der Regel eine Eucharistiefeier angeboten werden kann. Statt Gesangbüchern wird der Liedtext an die Wand geworfen. Der Gottesdienst wird gut eineinhalb Stunden dauern. Außerdem sollen bei „homebase“ Kleingruppen entstehen. Ein Gebetskreis für junge Erwachsene trifft sich in Neugereut seit November. Es gibt ein Lobpreisteam, das sich um die Musik kümmert, eine Kindergottesdienst-Gruppe und ein Alpha-Team. Das Alpha-Team ist ein Glaubensgrundkurs. Es soll Menschen helfen, sich offen über ihre Fragen auszutauschen. Das Projekt ist charismatisch geprägt. Es ist auf drei Jahre angelegt und wird von der Diözese Rottenburg-Stuttgart mit der Kirchengemeinde St. Augustinus getragen und finanziell von der Bischof-Moser-Stiftung unterstützt.

Der Eröffnungsgottesdienst ist am Sonntag, 27. Januar, um 12 Uhr im Ökumenischen Zentrum, Flamingoweg 22. Weihbischof Thomas Maria Renz wird dabei sein.