Nach vielen Monaten der Zwangspause findet wieder der Messeherbst statt – allerdings mit strengen Corona-Regeln. Wie klappt das, und wie wirkt sich das aufs Gästeaufkommen aus?

Stuttgart - Es ist erst Vormittag, doch beim Schachverband Württemberg ist schon Hirnschmalz gefordert. Etliche Tische am Stand auf der Spielemesse sind belegt. Auffallend junge Spieler bewegen die schwarzen und weißen Figuren. Tobias Reuß vom Schachverein Besigheim beobachtet das Treiben zufrieden. Schach sei in, und ausgerechnet eine Netflix-Serie, nämlich „Das Damengambit“, habe den Hype ausgelöst. „Die Vereine registrieren eine positive Resonanz“, sagt auch Manfred Lube von der Schachgemeinschaft Vaihingen/Rohr. Entsprechend froh sind beide, sich auf der Messe präsentieren zu können. „Es ist wichtig, den Leuten eine Anlaufstelle zu bieten“, sagt Tobias Reuß.

 

Froh sind an diesem Samstagvormittag alle auf dem Gelände am Stuttgarter Flughafen. Der beliebte Messeherbst findet wieder statt – nach vielen Monaten des Stillstands. „Ja, der Verbund aus neun Messen des Stuttgarter Messeherbsts ist überhaupt das erste Besucher-Event seit dem Lockdown im März 2020“, sagt der Sprecher Axel Recht. Am Donnerstag sind Familie & Heim, Eat & Style, Kreativ und die Spielemesse gestartet, am Freitag gingen zudem für Animal, Veggie & frei von, Yoga World, Mineralien-Fossilien-Schmuck und – neu dabei – das Design-Fest die Tore auf.

Viele Familien sind gekommen

Vor allem in der Spielehalle brummt es. Viele Familien sind da. Es gibt Drohnen, Puzzles und Bastelsachen, am begehrtesten sind aber Brettspiele. Beim Spieleausleih ist jeder Tisch besetzt. „Spiele werden immer gespielt“, sagt Bernd Kunkel vom Verlag Heidelbär Games, und in der Pandemie habe es noch mal einen Schub gegeben. Entsprechend wichtig sei es für ihn und seine Kollegen, sich in der Vorweihnachtszeit zeigen zu können. „Ich hatte schon die Befürchtung, dass es wieder kurzfristig abgesagt wird“, sagt er.

Es war eine lange Durststrecke für die Aussteller, aber auch für die Veranstalter. Die Pandemie bescherte der Landesmesse 2020 einen Verlust von rund 18 Millionen Euro, für dieses Jahr rechnet man mit einem Fehlbetrag von 36 Millionen Euro, sagte der Sprecher der Geschäftsführung, Roland Bleinroth, Mitte September der Deutschen Presse-Agentur.

Strenge Corona-Regeln notwendig

Der Messeherbst ist ein Schritt in Richtung Normalität, aber gegangen wird er unter strengen Regeln. Bummeln dürfen nur Geimpfte und Genesene, und dies auch nur mit Maske. Tickets gibt es ausschließlich online. Noch vor dem Betreten des Areals müssen die Besucher an Zelten ihre Impfnachweise vorzeigen. Diskussionen scheint es nicht zu geben. Alles wirkt unaufgeregt. Ein weiterführendes Hygienekonzept habe man schon vor Monaten ausgearbeitet und immer wieder in Abstimmung mit den Behörden angepasst, sagt der Sprecher Axel Recht. Auf die Alarmstufe und 2G sei man daher vorbereitet gewesen.

Bei den Besuchern kommt das Konzept an. „Hier wird besser kontrolliert als anderswo“, findet der Sindelfinger Tom Ruttloff, der für seine vier Hunde Bettchen gekauft hat. Er fühle sich so wohler. „Ganz entgegen meiner Erwartungen lief es gut“, sagt auch Dunja Kunberger aus Korntal-Münchingen. Sie hatte lange Warteschlangen und Chaos befürchtet, war extra früh gekommen, aber alles sei gut organisiert. „Mit 2G fühlt man sich sicherer, auch mit den Kleinen“, erklärt zudem Nadine Subiac aus Esslingen, die mit ihren zwei Kindern, deren Papa und dem Opa gekommen ist.

Weniger los als noch 2019

Dennoch: Die Großveranstaltung hat Federn gelassen. Rund 1000 Aussteller tummeln sich beim Messeherbst 2021; etwa 500 weniger als 2019. Nicht alle sind mit dem Zulauf zufrieden. „Überschaubar“, sagt Tim Steinhauf. Mit „Steinis Petshop“ komme er seit 2001 jedes Jahr aus Wesel am Niederrhein zur Animal, diesmal sei weniger los als sonst. „Es war zu erwarten aufgrund der Beschränkungen“, sagt er. „Luft nach oben“ sieht am Samstagvormittag auch Maria Kaiser aus Plieningen, die an ihrem Stand auf der Veggie-Messe Hülsenfrüchte, Oliven, Öl und mehr aus Spanien anbietet. Sie ist mit ihrem „Kaiser Selection“-Stand zum ersten Mal beim Messeherbst. Nach verlustreichen Monaten sei ihre Teilnahme der letzte Versuch, „Covid-Ware“ zu verkaufen.

Beim Veranstalter atmet man indes auf, dass überhaupt wieder Leben auf dem Gelände ist. Die vergangenen Monate seien für die Belegschaft hart gewesen, sagt Axel Recht. Die Projektteams hätten immer wieder geplant, Aussteller akquiriert, Rahmenprogramme gestrickt, um dann oft kurzfristig zu erfahren, dass alles entfallen müsse. „Das musste erst verarbeitet werden.“ Umso wichtiger und motivierender sei es für alle, dass es endlich wieder in Richtung Normalität gehe.

Insgesamt zählten die Veranstalter 54 000 Besucherinnen und Besucher beim Messeherbst 2021. Damit, so Recht, sei man angesichts der Umstände „absolut zufrieden“. 2019 waren es mehr als 140 000 Besucherinnen und Besucher gewesen.