Sie sollen einen Pizzaboten überfallen und Zigarettenautomaten gesprengt haben – vor Gericht widersprechen sich die Angeklagten.

Stuttgart - Die vier 18 bis 21 Jahre alten Männer aus Stuttgart räumen gleich am ersten Prozesstag vor der 3. Jugendstrafkammer des Landgerichts die ihnen vorgeworfenen Taten ein – mehr oder weniger jedenfalls. In Detailfragen widersprechen sie sich gegenseitig, was Joachim Holzhausen, Vorsitzender Richter der 3. Kammer, zu einem eindringlichen Appell veranlasst.

 

Am 19. Februar dieses Jahres waren drei der vier Angeklagten am Löwenmarkt in Weilimdorf unterwegs gewesen. „Wir hatten Hunger, aber kein Geld“, sagt der 20-jährige Angeklagte. Sein gleichaltriger Cousin soll die Idee gehabt haben, einen Pizzaboten „abzuziehen“. Der Cousin bestreitet das. Der dritte Angeklagte sagt, er habe keine Ahnung, wer die Idee zu dem Überfall gehabt habe.

Jedenfalls orderten die jungen Männer bei einem Pizzaservice drei Pizzas, drei Cheeseburger und Cola. Geliefert werden sollte auf den Parkplatz am Schloss Solitude. Gegen 23 Uhr tauchte der Pizzabote auf. Ein Angeklagter wartete im Auto, die zwei anderen, inzwischen maskiert, bedrohten den 25-Jährigen mit einem Messer und einem Pfefferspray. Das Opfer gab den Männern das Essen und 30 Euro.

Pfefferspray in die Augen gesprüht

Dann soll er gefragt worden sein, ob er abgestochen werden wolle oder lieber Pfefferspray in die Augen haben möchte, damit er nicht sieht, wohin die Räuber fliehen. Der Bote entschied sich fürs Pfefferspray. Zudem wurde ihm noch in den Magen getreten. Im Stuttgarter Osten wurden nach der Flucht Essen und Geld geteilt. Dummerweise war das Trio unterwegs geblitzt worden.

Die Männer, jetzt kommt auch der vierte Angeklagte ins Spiel, hatten noch weitere Ideen. Sie sollen zwischen 16. und 24. März in Gerlingen und Weilimdorf in wechselnder Besetzung insgesamt drei Zigarettenautomaten gesprengt haben. Dafür hatte der 20-Jährige auf einem Markt in Tschechien Sprengmittel gekauft. Die erste Sprengung am 16. März an der Dieselstraße in Gerlingen sei nur ein Versuch gewesen, sagen die Angeklagten. Erst später wollen sie erfahren haben, dass nach der Tat Geld und Zigaretten auf der Straße gelegen haben.

Bei der zweiten Sprengung an der Leonberger Straße in Gerlingen erbeuteten sie 130 Euro und 30 Schachteln, bei der dritten an der Iffezheimer Straße in Weilimdorf 80 Euro und 15 Schachteln. Der Schaden an den Automaten beläuft sich auf insgesamt rund 9000 Euro.

Angeklagter: „Wir wollten niemanden töten.“

Zudem sollen die drei älteren Angeklagten – der vierte ist erst 18 – von einem Mann mit italienischem Namen den Auftrag bekommen haben, in Leonberg einen Sprengstoffanschlag auf einen angeblich säumigen Schuldner auszuüben. Der Auftraggeber habe gesagt, er sei von einem Geschäftspartner um 250 000 Euro geprellt worden, so der 20-Jährige. Rund 10 000 Euro sollten die Männer dafür bekommen. „Wir wollten niemanden töten, von Sprengstoff war nie die Rede“, so der 20-Jährige. Letztlich hätten sie einen Reifen am Porsche des Opfers zerstochen. „Wir haben nur eine Show gemacht“, so der 20-Jährige. Wäre der Mann aus dem Haus auf die Straße gekommen, hätte er aber eine Abreibung bekommen, so der Angeklagte.

Richter Holzhausen ist mit den Aussagen nicht zufrieden. „Wenn ich hier den Eindruck gewinne, dass man mich hinters Licht führen will und man mich anlügt, verliere ich den guten Willen“, so der Jugendrichter. Der Prozess wird fortgesetzt.