Die Statistik der Polizei verzeichnet 2010 „keine großen Ausreißer“, sagt der Stuttgarter Polizeipräsident Siegfried Stumpf.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Ein Thema spielt im Rückblick der Polizei auf das vergangene Jahr keine große Rolle, obwohl es in der Stadt das beherrschende war: Stuttgart 21. „Das Thema wirkt sich nicht auf die Kriminalitätsstatistik aus“, sagte der Polizeipräsident Siegfried Stumpf, als er das Zahlenwerk gestern vorstellte. Rund 360 Delikte seien im Zusammenhang mit den Protesten gegen das Bahnhofsprojekt aufgenommen worden, dazu zählten Fälle von Sachbeschädigung, Beleidigungen, Nötigungen und Hausfriedensbruch.

 

Insgesamt präsentierte der Präsident eine Statistik, die für ihn bedeutet, dass man in Stuttgart sicher lebt. „Diese Frage beantworten wir mit einem überzeugten Ja“, sagte Siegfried Stumpf mit Blick auf ein Zahlenwerk „ohne große Ausreißer in einzelnen Bereichen“. Die Zahl der Straftaten ist leicht gesunken. 58.352 Fälle hatte die Polizei im Jahr 2010 zu bearbeiten, das waren 2,9 Prozent weniger als im Jahr davor (60.080). Mit der Aufklärungsquote von 64 Prozent lag die Stuttgarter Polizei über dem Landesschnitt von 59,9 Prozent. Die höchste Aufklärungsquote haben seit jeher die Tötungsdelikte: Von 34 Fällen sind in 32 die Täter überführt, da sie meist aus dem engen Umfeld des Opfers kommen. Ähnlich gut sind die Werte bei Körperverletzungen, die in 85,3Prozent der 6580 Fälle aufgeklärt werden konnten. Wie bei den Raubüberfällen konzentriere sich bei diesen Delikten das Geschehen auf die Nächte am Wochenende.

Deutlich mehr Wohnungseinbrüche

Zurückgegangen sind die Zahlen der Jugendkriminalität und der Jugendgewalt, also die von unter 21 Jahre alten jungen Menschen begangenen Taten. 6559 Tatverdächtige gehörten zu dieser Altersgruppe, das waren 117 oder 1,7 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Auch die Gewaltdelikte der Jugendlichen sind von 889 auf 839 zurückgegangen. „Wir beobachten diese Gruppe immer besonders“, sagte Stumpf. Erfreulich finde er es, dass auch weniger Taten von Jugendlichen unter Alkoholeinfluss begangen werden. „Viele haben sich an der Prävention beteiligt“, sagte der Polizeipräsident. Dieses Thema werde die Polizei weiterhin beschäftigen, da der Rückgang zwar erfreulich, aber nur um einen halben Prozentpunkt ausgefallen sei. 15,3 Prozent der jungen Täter waren im Berichtsjahr zur Tatzeit alkoholisiert.

Einen Anstieg verzeichnete die Polizei bei den Wohnungseinbrüchen. 790 mal stiegen Einbrecher in Wohnungen ein, das waren 23,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Allein 100 Taten gingen auf das Konto einer Großfamilie, die sich im benachbarten Landkreis Ludwigsburg niedergelassen hatte und inzwischen gefasst ist.

Ein Veränderung in der Statistik, die dem Präsidenten Sorge bereitet, sind die Fälle des Widerstand und der Gewalt gegen Polizeibeamte. 497 mal kamen derlei Taten im vergangenen Jahr vor, das sind 65 Fälle mehr als 2010. In den eigenen Reihen hatte die Polizei 52 Verletzte dadurch zu beklagen, „auch ohne Stuttgart 21“. Bei den Einsätzen aufgrund des Protests gegen das Projekt seien in 410.000 Einsatzstunden 18 Beamte verletzt worden, wobei der Großeinsatz am 30. September nicht mit eingerechnet sei. Stumpf widersprach vehement der von Stuttgart-21-Gegnern verbreiteten These, nach jenem Donnerstag seien eingesetzte Beamte dazu gedrängt worden, sich krank zu melden. „Es ist völlig normal, dass man die Kollegen fragt, ob jemand verletzt wurde. Das hat ja schließlich auch versicherungstechnische Konsequenzen“, so Stumpf. Er rechne damit, dass es „ein großes Dunkelfeld gibt, was die Verletzungen der Kollegen angeht“. Schließlich würden sich Angehörige der „Hundertschaften aus Bamberg nicht wegen blauer Flecken bei uns melden“, sagte Siegfried Stumpf.

Der Polizeipräsident wies auch auf Zahlen in der Statistik hin, die irreführend sein könnten. Dazu zähle etwa der starke Anstieg der Drogentoten. Vergangenes Jahr starben 17 Menschen an den Folgen ihres Rauschgiftkonsums, acht mehr als im Jahr 2009. „Die Zahlen allein könnten einen erschrecken“, sagte Stumpf. Die Zahl der Toten sei zwar bedauerlich, aber kein Anzeichen dafür, dass wesentlich mehr Menschen zu harten Drogen gegriffen hätten. „Es handelte sich um Personen, die über viele Jahre hinweg abhängig gewesen und nun körperlich einfach am Ende waren, in ein paar Fällen auch um Überdosierungen“, sagte Siegfried Stumpf. Die drei Frauen und 14 Männer waren zwischen 27 und 52 Jahre alt. Insgesamt ist die Zahl der Rauschgiftdelikte zurückgegangen: 2035 Fälle von Drogenhandel, Besitz und Erwerb verzeichnete die Polizei, 1813 davon konnten die Beamten aufklären.