Ein Forschungsprojekt bringt zwei Roboter ins Parkheim Berg, die das Personal entlasten sollen – die Bewohnern nahmen sie freundlich auf.

Stuttgart - Care-o-bot 3 ist ein mannshoher Roboter mit einem Bildschirm vorne und einem Greifarm im Rücken. Bewohnern von Pflegeheimen kann er Wasser reichen und sich dabei verneigen. "Guten Morgen, mögen Sie etwas trinken?", fragt Care-o-bot dann höflich und fügt den Namen des Bewohners hinzu, den er mit Hilfe seiner eingebauten Kamera erkennt. Sein Kollege Casero ist ein Fahrzeug mit eingebautem Bildschirm, das blinkt, wenn es Sprudelkisten durch Heimflure transportiert und dabei Senioren unfallfrei ausweicht. Eine Woche lang waren die Roboter auf der Demenzstation des Parkheims Berg im Einsatz. AmDienstag haben die Entwickler und die Leitung des Pflegeheims ihr vom Bund unterstütztes Forschungsprojekt "Wimi Care" vorgestellt und versucht, alle Vorbehalte auszuräumen.

 

"Ich war erstaunt, wie unvoreingenommen die dementen Bewohner auf die Roboter reagiert haben", berichtete die Ergotherapeutin Elisabeth Rippel und fügte hinzu: Der Care-o-bot 3 habe "etwas Sympathisches", das Senioren und Pfleger gleichermaßen anspreche. Was der Serviceroboter, an dem das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) seit zwölf Jahren arbeitet, bisher kann, ist einiges: Wasser reichen, sprechen, Hindernissen ausweichen, Menschen dank eingespeicherter Fotos erkennen, dokumentieren, welcher Bewohner wie viele Becher Wasser bekommen hat und bei entsprechender Eingabe des Pflegepersonals auch noch singen. Freddy Quinns Ohrwurm "Junge komm bald wieder" etwa, dessen Text auch vielen dementen Senioren im Parkheim noch präsent ist.

Was die Maschine irgendwann einmal können soll, ist aber noch viel beeindruckender: "Wir wollen einen Roboter entwickeln, der alten Menschen Tätigkeiten im Haushalt abnimmt, sodass sie länger selbstständig zuhause leben können", sagte Birgit Graf vom Fraunhofer-Institut. Er soll Wäsche waschen, putzen und Kontakt zu Verwandten herstellen. Graf spricht von einer "Produktvision" und will lieber noch keinen Zeitpunkt nennen, wann diese Wirklichkeit sein könnte. Im nächsten Schritt soll erst einmal Care-o-bot 4 entwickelt werden, mit Produktionskosten, die unter den bisherigen 250.000 Euro pro Prototyp liegen. Die Heimleiterin Gabi Blume jedenfalls versichert: "Die Bewohner haben das Trinken von dem Roboter fast lieber angenommen als vom Pflegepersonal, weil dieser gleichbleibend freundlich ist und sie nicht versucht, zu überreden."

"Wir wollen nicht die Pflege an die Roboter delegieren"

Blume könnte sich vorstellen, den Roboter im Heimalltag einzusetzen, wenn er "flüssiger und schneller" funktioniere. Einzelne Elemente aber will sie schon jetzt übernehmen: das ebenfalls einprogrammierte Memory-Spiel zum Beispiel, das den Senioren uneingeschränktes Vergnügen bereitet habe, weil keine Karten vom Tisch fallen könnten und auf Druck am Bildschirm immer etwas passiere.

Gabi Blume ist eine Verfechterin von technischen Hilfen im Heim, was sie aber auf keinen Fall will, ist Pflegearbeiten an Maschinen zu delegieren. "Wir wollen keine vermenschlichten Roboter in der Pflege, wie wir sie in Japan gesehen haben." Was sie sich wünscht, sind technische Hilfen, die das Pflegepersonal entlasten und diesem mehr Zeit mit den Bewohnern ermöglichen. Deshalb würde Blume den zweiten getesteten Serviceroboter Casero sofort fest im Parkheim Berg übernehmen, wenn er denn von den Kostenträgern bezahlt würde. Eingesetzt werden kann der Roboter etwa, um Sprudelkisten, Schmutzwäsche und Inkontinenzmaterial selbstständig zu transportieren. Außerdem kann Casero nachts als eine Art Nachtwächter auf Tour durchs Heim geschickt und Kameraaufnahmen seiner Fahrten auf den Computer oder das Handy der diensthabenden Pfleger übertragen werden. Aus Sicht von Kurt Krause, dem Geschäftsführer der Ludwigsburger Firma MLR Systems, die den Prototyp entwickelt hat, ist Casero serienreif und kann für 40000 bis 80.000 Euro das Stück angeboten werden. "Wir haben schon erste Interessenten."

Nachfragen will auch Sabine Bergmann Dietz, die Geschäftsführerin des städtischen Eigenbetriebs Leben und Wohnen, zu dem auch das Parkheim gehört. "Wir interessieren uns für alles, was den Pflegekräften Luft für ihre eigentliche Arbeit verschafft." Deshalb sei es denkbar, dass in zwei bis drei Jahren die ersten Roboter in Heimen des ELW anzutreffen seien.