Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Geht es auch um Abgrenzung von Stuttgart? Weil der Samplertitel ja auch impliziert, dass man gerade nicht Stuttgart als Heimat haben will.
Das Heimatgefühl ist vielleicht nicht bei allen da. Man kann glaube ich schon sagen, dass es in Stuttgart schwierig ist, mit unserer Musik größeren Anklang zu finden. Das merken wir auch an den Locations, die für diese Art von Musik in Frage kommen oder kamen. Der Konzertwaggon am Nordbahnhof war eine der wenigen Anlaufstellen, da ist es nicht so kommerziell. Ich weiß nicht, ob Stuttgart nicht bereit dafür ist oder den Leuten so eine Musik gar nicht angeboten wird. Das ist vielleicht auch der Grund, warum viele öfters mal weggehen aus Stuttgart.

 

Wo ist es denn besser?
Wenn ich von mir spreche, dann gibt es zum Beispiel Austin, die Musikhauptstadt der USA. Berlin ist wahrscheinlich schon einfacher als Stuttgart, weil es mehr Menschen gibt, die aus verschiedenen Sparten kommen und die individueller sind und sich für andere Musik interessieren. Was Die Nerven und Human Abfall machen, findet auch in Hamburg oder im Ruhrpott großen Anklang.

Aber eure Szene bleibt Stuttgart vorerst erhalten.
Viele sind mal ein halbes Jahr weg, aber die Musik wird hierbleiben. Das ist auch unser Ansporn, deshalb fühlen wir uns hier auch ein bisschen wohl: weil wir hier ja schon ein paar Leute um uns herum haben. Aber klar, wir existieren aus uns selbst heraus. Es kommt nicht so viel von außen.

Da muss ich jetzt nochmal nachhaken. Im Zollamt machen sie einen Bandwettbewerb, der in einen Stuttgart-Sampler münden soll; Chimperator laden gleich an zwei Abenden zu einem “Motherfuckin Xmas Festival” mit vorrangig Stuttgarter Acts ins LKA, und jetzt macht ihr auch einen Sampler mit “Heimat” im Titel. Warum suchen gerade alle nach dem Klang von Stuttgart? Die Stuttgarter Herkunft ist ja zumindest das verbindende Merkmal bei all den musikalischen Aktionen.
Wir wollten uns eigentlich von dem Lokalpatriotismus fernhalten. Deshalb auch der Samplertitel. Wir wollen nicht sagen “Die geile Musik kommt aus Stuttgart”, sondern wir zeigen die Musiker, die hier gefangen sind, die hier ein bisschen verloren sind. Wir wollen nicht die Mainstream-Musikszene zeigen und sagen “Stuttgart ist geil”.

Das Cover des Samplers

Wie stark hängt der Sampler mit dem ESxSW-Festival zusammen?
Wir haben den Sampler im August geplant und gesehen, dass einige der Bands, die auf dem Sampler sind, auch bei dem Festival auftreten. Da dachten wir uns: das ist ein guter Aufhänger, den Sampler bei dem Festival schonmal zu verkaufen. Wir mussten uns auch ziemlich reinhängen, 150 Platten zu dem Festival zu kriegen. 45 davon sind direkt weggegangen. Und nach dem ESxSW waren einige Bands und Mitkuratoren schon mit dem Sampler auf Tour ...

… nach dem Motto: Spread the word?
Wir wollen mit dem Sampler zum einen ein Zeitdokument erschaffen. Zum anderen wollen wir die Bands promoten - und Veranstalter oder Labels darauf hinweisen, dass es in der Region Stuttgart viele interessante Bands gibt. Dass wir aus dem Dunstkreis, in dem wir uns ein bisschen befinden, herauskommen. Weil hier gerade was Besonderes passiert.

Wie das dann klingt

Wie würdest du das, was gerade passiert, umschreiben?
Zum einen haben die Bands in Stuttgart, Esslingen und drumherum diese Do-it-yourself-Mentalität: sie nehmen zu Hause ihr eigenes Zeug auf und bringen selbst Platten raus. Ständig bilden sich neue Combos; jeder spielt auch bei anderen Bands mit. Wir sind alle miteinander befreundet. Es entsteht viel auch außerhalb des Stuttgart-Mainstreams, den man kennt. Was hier abgeht, ist von Ausnahmen wie Die Nerven, Human Abfall oder Levin Goes Lightly außerhalb Stuttgarts ja nicht so groß bekannt.

Welchen Sound bildet der Sampler insgesamt ab?
Das ist schon vielschichtig; es gibt nicht den einen Sound, der sich durchzieht. Es ist ja nicht nur Deutschpunk. Das geht auch mal ins Folkige, mal ins Psychedelische. Wenn ich die Musik auf dem Sampler in Genres einteilen müsste, würde ich sagen: Lo-Fi, Noise, Trash, Garage, psychedelische Musik. Als wir uns zusammengesetzt haben und den Sampler zusammengestellt haben, gab es auch die Überlegung, einen reinen Punk-Sampler zu machen. Was herausgekommen ist, ist wie gesagt vielschichtig. Aber eben auch stimmig.

Fasst ihr den “Sound of Stuttgart” zusammen?
Zumindest unseren Sound of Stuttgart. Das ist aber kein Bandcontest-Sound, kein Wettbewerb, wer die meisten Fans hat oder mitbringt. Es geht um die Aspekte, unter denen man Musik macht. “Sound of Stuttgart” ist natürlich immer subjektiv. Für die einen wäre der “Sound of Stuttgart” Hip Hop. Klar, der ist immer noch da, aber das ist irgendwie ausgelutscht. Es gibt aber auch Punk, Lo-Fi und das psychedelische Zeugs. Das gibt es aber auch in anderen Städten. Insofern ist es nicht wie bei anderen Musikrichtungen unbedingt der Stuttgart-Sound, bei dem man sofort hört: der kommt aus Stuttgart.

Was bedeutet der Name “Von Heimat kann man hier nicht sprechen?”
Wir haben eine Umfrage unter den teilnehmenden Bands gemacht. Human Abfall haben den Vorschlag gebracht und das fanden dann alle am besten. Auf Platz zwei landete der Vorschlag “Die Pumpschwester vom Fernsehturm - 100% mehr Bizeps du Lappen”.

Stuttgart hat seine Szene nicht gern

Geht es auch um Abgrenzung von Stuttgart? Weil der Samplertitel ja auch impliziert, dass man gerade nicht Stuttgart als Heimat haben will.
Das Heimatgefühl ist vielleicht nicht bei allen da. Man kann glaube ich schon sagen, dass es in Stuttgart schwierig ist, mit unserer Musik größeren Anklang zu finden. Das merken wir auch an den Locations, die für diese Art von Musik in Frage kommen oder kamen. Der Konzertwaggon am Nordbahnhof war eine der wenigen Anlaufstellen, da ist es nicht so kommerziell. Ich weiß nicht, ob Stuttgart nicht bereit dafür ist oder den Leuten so eine Musik gar nicht angeboten wird. Das ist vielleicht auch der Grund, warum viele öfters mal weggehen aus Stuttgart.

Wo ist es denn besser?
Wenn ich von mir spreche, dann gibt es zum Beispiel Austin, die Musikhauptstadt der USA. Berlin ist wahrscheinlich schon einfacher als Stuttgart, weil es mehr Menschen gibt, die aus verschiedenen Sparten kommen und die individueller sind und sich für andere Musik interessieren. Was Die Nerven und Human Abfall machen, findet auch in Hamburg oder im Ruhrpott großen Anklang.

Aber eure Szene bleibt Stuttgart vorerst erhalten.
Viele sind mal ein halbes Jahr weg, aber die Musik wird hierbleiben. Das ist auch unser Ansporn, deshalb fühlen wir uns hier auch ein bisschen wohl: weil wir hier ja schon ein paar Leute um uns herum haben. Aber klar, wir existieren aus uns selbst heraus. Es kommt nicht so viel von außen.

Da muss ich jetzt nochmal nachhaken. Im Zollamt machen sie einen Bandwettbewerb, der in einen Stuttgart-Sampler münden soll; Chimperator laden gleich an zwei Abenden zu einem “Motherfuckin Xmas Festival” mit vorrangig Stuttgarter Acts ins LKA, und jetzt macht ihr auch einen Sampler mit “Heimat” im Titel. Warum suchen gerade alle nach dem Klang von Stuttgart? Die Stuttgarter Herkunft ist ja zumindest das verbindende Merkmal bei all den musikalischen Aktionen.
Wir wollten uns eigentlich von dem Lokalpatriotismus fernhalten. Deshalb auch der Samplertitel. Wir wollen nicht sagen “Die geile Musik kommt aus Stuttgart”, sondern wir zeigen die Musiker, die hier gefangen sind, die hier ein bisschen verloren sind. Wir wollen nicht die Mainstream-Musikszene zeigen und sagen “Stuttgart ist geil”.

Am 20. Dezember ist offizieller Release für euren Sampler. Gibt’s dazu ne Party?
Ja, am 20. Dezember gibt es in Stuttgart zwei Konzerte im Ratzer Records mit Melvin Raclette und JFR Moon um 14 Uhr und im Second Hand Records spielen abends um 19 Uhr Human Abfall und Peter Muffin. Da wird man dann die ganze Szene treffen können. Und natürlich den Sampler kaufen.