American Football ist ein Männersport? Von wegen! Die Spielerinnen der Stuttgart Scorpion Sisters zeigen, dass auch Frauen hart genug sind – blaue Flecken und Muskelkater inklusive.

Stuttgart - Sie tacklen, sie blocken, sie werden zu Boden gerissen und kämpfen bis zur Schmerzgrenze: Die Spielerinnen der Stuttgart Scorpion Sisters leben für ihre Leidenschaft – American Football.

 

Der Schweiß tropft durch das Gitter der Helme. Nach den letzten harten Passläufen ist das fast zweistündige Training auf dem Kunstrasenplatz auf der Waldau geschafft. American Football, eine Sportart, die in den USA an Popularität kaum zu überbieten ist, findet auch in Deutschland immer mehr Anhänger. Dass auch Frauen American Football spielen, ist den meisten aber nicht bekannt. „Ab und zu müssen wir uns schon noch blöde Sprüche anhören: ‚American Football ist doch kein Frauensport’ oder ‚ihr seid bestimmt alles Mannsweiber’ heißt es dann“, erzählt Saskia Ulmer. Die 30-Jährige spielt schon seit über sieben Jahren Football und hat bereits in Mainz und in der Nationalmannschaft gespielt. Seit diesem Jahr ist sie der Quaterback der Stuttgart Scorpion Sisters, gibt im Spiel Taktik und Spielzüge vor. Eine wichtige Position, denn entgegen der weitverbreiteten Meinung ist American Football mehr als nur sich gegenseitiges Umrennen.

„Das ist das Faszinierende an dieser Sportart und der Grund, warum wir sie alle so lieben: Die Mischung“, sagt Ulmer. Sowohl die Mischung aus strategischen Spielzügen und der physischen, teils harten Spielweise, aber auch die Mischung der Mitspielerinnen. „Wir sind insgesamt über 40 Frauen von 16 bis über 50 Jahren, von groß bis klein, von schlank bis kräftig und von Studentin bis Polizistin. Im American Football gibt es so viele unterschiedliche Positionen und Anforderungen, da ist wirklich für jede etwas dabei.“

Ohne die Schutzausrüstung geht nichts

Bis zu zwölf unterschiedliche Positionen gibt es beim American Football. Während Ulmer als Quaterback den Überblick hat und die Taktik vorgibt, muss eine Runningback-Spielerin vor allem laufen, der Receiver fangen und der Linebacker tacklen können. Wer in der Offense Line spielt, blockt die Gegenspieler beim Angriff, die Defense Line macht dagegen Druck nach vorne.

Damit sich die Verletzungen und Blutergüsse bei den harten Angriffen in Grenzen halten, ist die Schutzausrüstung obligatorisch. Und da kommt einiges zusammen: Neben den Stollenschuhen tragen die Spielerinnen eine sogenannte Pads-Hose, bei der die Knie, Oberschenkel, Hüfte und das Steißbein extra gepolstert ist sowie die typischen Schulterpolster samt Trikot, Mundschutz und besonders wichtig der Helm.

Acht Spiele pro Saison haben die Scorpion Sisters, die derzeit in der zweiten Damenliga spielen. Anders als in anderen Sportarten entscheidet beim Ladysfootball selten die Leistung über die Ligazugehörigkeit, als viel mehr der finanzielle oder organisatorische Aspekt. „Die Mannschaften entscheiden selbst, in welcher Liga sie sich anmelden wollen“, erklärt Sarah Walz, die seit einem Jahr auf der Position des Runningback spielt. Hat ein Team genug Spielerinnen, wie weit dürfen die Auswärtsfahrten gehen und wie viel Budget steht zur Verfügung, sind dabei entscheidende Kriterien. Benötigen eine Mannschaft in der ersten Liga elf Feldspielerinnen, sind es in der zweiten nur neun. Auch die Wege zu den Auswärtsfahrten sind in der obersten Spielklasse deutlich weiter. Wer erfolgreich ist, spielt in den Play-offs um die Deutsche Meisterschaft mit. 2012 ist das den Scorpion Sisters schon einmal gelungen, als sie nicht nur Südmeister, sondern auch Meister in der zweiten Damenbundesliga wurden. Aber um die ganz großen Erfolge geht es den Sisters sowie so nicht.

Ladysfootball steckt noch in den Kinderschuhen

Wie in vielen anderen Sportarten, ziehen auch beim American Football die Damenmannschaften den Kürzeren. Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen müssen die Frauen nicht nur auf Vergütung, sondern auch auf sogenannte „Imports“ verzichten. Das sind Spieler, die aus den USA für eine gewisse Zeit in andere Länder ausgeliehen werden. Auch Trainer gibt es nicht immer genügend. Normalerweise braucht fast jede Position ein individuelles Training, manchmal müssen die Spielerinnen sogar ganz ohne Coaches auskommen. Großes Vorbild ist Finnland, die im Bereich Ladysfootball recht professionell arbeiten. „Eine Freundin von mir ist gerade Import-Spielerin in Finnland, das wäre in Deutschland noch undenkbar. Wir zahlen hier drauf“, sagt Ulmer. Schwierigkeiten, die die Spielerinnen der Scorpion Sisters aber nicht von ihrer Leidenschaft abhalten.

Die wichtigesten Football-Begriffe

Defense/ Verteidigung: Die Mannschaft, die keinen Ballbesitz hat.

Defensive Line: Die erste Verteidigungsreihe, deren Hauptaufgabe es ist, den Quaterback anzugreifen.

Offense/ Angriff: Die Mannschaft mit Ballbesitz.

Offensive Line: Fünf Spieler, die vor dem Quaterback stehen und ihn vor den Attacken der Verteidiger schützen oder den Weg für den Ballträger freiblocken.

Down/ Angriffsversuch: Das Team, die im Angriff sind, erhält vier Downs um den Ball über die zehn Yards nach vorne zu bringen. Gelingt ihnen dies, erhalten sie weitere vier Downs.

Endzone: Der Bereich zwischen der Null-Yard-Linie und der Endlinie. Das ist auch der Bereich, der für ein Touchdown erreicht werden muss.

Touchdown: Wenn ein Angreifer den Ball über die gegnerische Endzone trägt oder ihn dort fängt. Ein Touchdown gibt sechs Punkte.

Field Goal: Ist der Schuss zwischen die beiden gelben Stangen des Gegners. Ein Field Goal gibt drei Punkte.

Quaterback: Spielmacher, der die Anweisungen an sein Team gibt. Er übergibt den Ball an den Running Back (Laufspielzug) oder wirft ihn zum Receiver (Passspielzug) oder läuft selbst mit dem Ball (Scrumble).

Running Back: Eine Spielposition, bei der durch Läufe ein Raumgewinn erzielt werden soll.

Receiver: Der Receiver ist der Passempfänger.

Huddle: Beim Huddle stehen die Spieler in einem Kreis, während der Quaterback den nächsten Spielzug verkündet.

Yards: Das Spielfeld ist 120 Yards lang (etwa 109 Meter) und in zwölf Abschnitte je 10 Yards unterteilt. Die 100 Yards in der Mitte dienen als aktives Spielfeld, die 10 Yards an beiden Enden ist die Endzone.