Ein guter Rat hat Quarterback Daniel Polk aus den USA zu den Stuttgart Scorpions verschlagen. Er fühlt sich wohl - doch manches sei daheim besser.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Der Pfarrer hat nicht lange predigen müssen. Tom Wells empfahl im Frühjahr dem Footballspieler Daniel Polk aus seiner Gemeinde im US-Bundesstaat North Carolina, nach Stuttgart zu gehen, wo er selbst schon gelebt hatte. Und der Quarterback, der 20 Angebote aus Europa hatte, folgte diesem Rat. Seit April läuft der 23-Jährige für den Bundesligisten Stuttgart Scorpions auf, mit dem er im Viertelfinale der Play-offs um die deutsche Meisterschaft am Samstag (19 Uhr) bei den Mönchengladbach Mavericks gastiert.

 

"Es ist eine großartige Erfahrung, die meinen Horizont erweitert hat. Man lernt auch manche kleinen Dinge zu Hause mehr zu schätzen - dass bei uns beispielsweise Wasser im Restaurant oder Ketchup bei McDonald's umsonst ist", sagt Daniel Polk auf Englisch und lacht. Für eine Essensbestellung reichen seine Sprachkenntnisse mittlerweile aus, für ein Interview allerdings nicht. "Ick verstehe nur ein bisschen Deutsch", sagt der US-Amerikaner dazu.

In Kaltental wohnt Daniel Polk zusammen mit seinem Landsmann Wesley Pittman, den er nach der verletzungsbedingten Rückkehr von Lonnie Hosley in die USA als Ersatz nach Schwaben lotste. Die beiden hatten einst zusammen für die Cary High School gespielt. Vor seinem Wechsel nach Deutschland führte Daniel Polk das Team der Campbell-Universität in North Carolina an. "Er kann sehr gut werfen und gut selbst laufen als Quarterback. Er ist ein cooler, ziemlich smarter Typ", sagt der beste Scorpions-Passempfänger Fabian Weigel.

Reizvolle Zukunftsoptionen in der Heimat

Daniel Polk hat sich in Deutschland viel besser eingefunden als seine direkten Vorgänger Pat Julmiste und Jermar Jackson - in der Mannschaft genauso wie in der Stadt. Er ist kulturell interessiert und unternehmungsfreudig. "Das System mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hier ist unglaublich effizient", sagt der 23-Jährige. "Die Sicherheit hat mich auch beeindruckt: Man kann nachts ohne große Gefahr raus - so wie es in den USA vielleicht vor 20 Jahren war." Die Agilität des Quarterbacks auch außerhalb des Spielfeldes hat ihm bei der Eingewöhnung geholfen. "Das ist wichtig, denn unsere US-Importspieler haben hier ja nicht viel zu tun", sagt der Scorpions-Trainer Matthias Mecherlein. "Er ist sportlich und menschlich ein Glücksgriff."

Daniel Polk hat unter seinen Teamgefährten schnell Anschluss gefunden - und Freunde, mit denen er in der Weltmeisterschaftspause Anfang Juli eine Kurzreise nach Spanien machte. Seitdem weiß er, warum Mallorca auch als 17. deutsches Bundesland bezeichnet wird und was der Ballermann ist. "Vier Tage am Strand - und das Nachtleben war auch ziemlich gut."

In der Stuttgarter Mannschaft hat sich Daniel Polk als Spielmacher seit April fast so großen Respekt verschafft wie einst der langjährige Leistungsträger Ira Vandever. "Wir sind sehr zufrieden mit dem Einkauf und würden ihn gerne für nächstes Jahr wieder verpflichten", sagt der Scorpions-Vorsitzende Markus Würtele. Das dürfte allerdings schwierig werden, da Polk schon reizvolle Zukunftsoptionen in seiner Heimat und in Kanada hat: "Ich weiß noch nicht, was ich machen werde. Bis zum 30.September bin ich noch hier - es sei denn, wir schaffen es ins Endspiel."

"Es wird schwer, aber ich bin optimistisch..."

Das Finale, die German Bowl 2011, wird am 8. Oktober in Magdeburg ausgetragen. Nach ihrem dritten Platz in der Südstaffel-Hauptrunde der ersten Liga gastieren die Stuttgart Scorpions am Samstag beim Nordzweiten im Mönchengladbacher Hockeypark. "Wenn wir zu unserem Spiel finden, haben wir eine Chance. Meiner Meinung nach können wir mit jedem Team in Deutschland mithalten", sagt Daniel Polk.

Zuversichtlich macht die Stuttgarter das Viertelfinale im vergangenen Jahr. Zwar schieden sie bei den Kiel Baltic Hurricanes aus, doch brachten sie den späteren Meister und erneuten Titelfavoriten an den Rand einer Niederlage (21:23). In Mönchengladbach wollen sie morgen noch einen Schritt weiter gehen. "Es wird schwer, aber ich bin optimistisch, dass wir das hinkriegen", sagt der Scorpions-Trainer Matthias Mecherlein. "Wenn es darauf angekommen ist, haben wir in letzter Zeit immer gut gespielt."

Das taten sie auch dank Daniel Polk, der in solchen Situationen besonders stark ist. Er verfügt über ein bemerkenswertes Spielverständnis, was ihm genauso wie sein Universitätsabschluss in Psychologie für seine Zukunftspläne helfen wird: Der 23-Jährige will noch zwei, drei Jahre Football spielen und danach ins Trainergeschäft einsteigen. Mit Auslandserfahrung. "Es war definitiv eine lohnenswerte Sache", sagt Polk. "Auf einer Skala bis zehn würde ich eine Neun verteilen. Und wenn wir ins Finale kommen, mache ich eine Zwölf daraus." Sein Pfarrer hat ihm nicht zu viel versprochen.