Schluss mit riesigen Hotelanlagen, dreckigen Stränden und schlechten Arbeitsbedingungen: Das verlangen vier Schüler Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Stuttgart-Sillenbuch. Ein Jahr setzen sie sich für nachhaltigen Tourismus ein.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Sillenbuch - Die größte Herausforderung ist die Zeit: Eigentlich sollen die Elftklässler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) in Sillenbuch lediglich drei Stunden pro Woche für ihren Seminarkurs „Nachhaltige Jugendfirma“ investieren. Doch bei Lena Stanislawczyk, Sarah Illi, Ole Bachmayer und Tim Niefer reichen diese drei Stunden vorne und hinten nicht. Sie haben sich dazu entschieden, sich ein Jahr lang mit nachhaltigem Reisen zu beschäftigen – und die Umsetzung ihres Vorhabens findet vor allem online statt.

 

Täglich ein Foto auf Instagram

„Wir posten täglich ein Foto auf unserem Instagram-Account Travel On Values“, berichtet Ole Bachmayer (17). Allein die Bildauswahl, die Suche nach einem passenden Spruch dazu und das Hochladen selbst kostet die Gruppe viel Zeit. Dazu kommt die Betreuung des Facebookaccounts der Gruppe, der selbst erstellten Website www.travelonvalues.com und der Petition auf der Plattform für Online-Aktivismus www.change.org. Zusätzlich verbringen die Jugendlichen regelmäßig mehrere Stunden bei der Stuttgarter Innovations- und Zertifizierungsfirma Tourcert, mit der sie ihren Seminarkurs durchführen.

Den Elftklässlern geht es um eine Veränderung in der Reiseindustrie: „Wir alle werden in unseren Urlauben mit Hotelanlagen konfrontiert, die die lokale Landschaft zerstören, mit überfüllten und dreckigen Stränden, und wir erleben, dass die Angestellten im Reisesegment meist unter schlechten Bedingungen arbeiten“, zählt Lena Stanislawczyk (17) auf. Auch deutsche Touristen würden zu dieser misslichen Lage beitragen, wenn sie beispielsweise auf Mallorca nach deutschem Essen und deutschem Bier verlangten, anstatt die lokalen Spezialitäten zu probieren.

120 Menschen haben die Petition bereits unterschrieben

Um die Menschen für solche Verhaltensweisen zu sensibilisieren und über nachhaltiges Reisen zu informieren, haben die vier Elftklässler eine Petition aufgestellt, in der sie sechs „Values“, also sechs Werte, aufgestellt haben, an die sich Reiseunternehmen halten sollen. Da geht es um faire Arbeitsbedingungen, nachhaltiges Wirtschaften und transparente Informationen. Rund 120 Unterschriften haben die Schüler bisher für ihre Petition gesammelt.

Damit die Reisenden erfahren, welche Unternehmen sich für diese Grundsätze einsetzen, haben die Jugendlichen die Website www.travelonvalues.com erstellt. „Wir wollen den Konsumenten eine Plattform bieten, in der sie sich über nachhaltige Reiseveranstalter, Hotels und Ziele informieren können“, erläutert Tim Niefer (16).

Am Ende gibt es eine Note für das Projekt

Für ihr Projekt bekommen die vier Schüler am Ende auch eine Note: Während des einjährigen Seminarkurses haben sie immer wieder Präsentationen in der Schule, außerdem schreiben sie eine acht- bis zwölfseitige Seminararbeit über ihr Projekt. Die Endnote zählt in ihr Abiturzeugnis hinein, außerdem ersetzt die Teilnahme am Seminarkurs und das abschließende Kolloquium die mündliche Abiturprüfung. Doch bei allem Ehrgeiz, den die vier an den Tag legen und dafür natürlich auch eine möglichst gute Note bekommen wollen, haben die jungen Menschen nicht zuletzt auch viel für sich selbst gelernt: „Bei meinem nächsten Urlaub möchte ich nicht mehr nur mit vielen anderen Touristen am Strand liegen, sondern die Kultur des Landes kennenlernen und mit den Einheimischen mehr in Kontakt treten“, sagt Sarah Illi. Und diese Aussage aus dem Mund einer 17-Jährigen ist ja schon für sich ziemlich beachtlich.