Die MS-kranke Adriana Baumgartner sucht im Bezirk Sillenbuch eine barrierefreie Wohnung. Bisher erfolglos. Der Behindertenbeauftragte der Stadt Stuttgart, Walter Tattermusch, erklärt, woran es zumeist hängt – und was sich in Bälde ändern soll.

Sillenbuch - Es soll ein Neustart werden. Adriana Baumgartner möchte vieles hinter sich lassen – und sich auf das konzentrieren, was vor ihr liegt. Sie hat nach einer gescheiterten Ehe eine neue Liebe gefunden. Mit ihrem Freund möchte sich die bald 40-Jährige eine gemeinsame Zukunft aufbauen, dafür ihre Heimat Karlsruhe verlassen und sich Richtung Riedenberg, wo ihr Partner lebt, aufmachen. Nur verläuft der Neustart bislang mehr als holprig. Adriana Baumgartner findet partout keine Wohnung.

 

Das Hauptproblem: Das Appartement muss ebenerdig erreichbar sein. Adriana Baumgartner ist auf ihren elektrischen Rollstuhl angewiesen. 2003 ist bei der gelernten Konstruktionstechnikerin Multiple Sklerose festgestellt worden, seit Ende 2008 braucht sie ihren Rolli. „Ich kann noch ein bisschen gehen, aber nach 70, 75 Metern lässt die Kraft nach“, erklärt sie. Innerhalb ihrer eigenen vier Wände kann sie sich frei bewegen und selbstständig versorgen, betont sie, nur vor die Haustür muss sie mit ihrem E-Rollstuhl gelangen. Daran scheitert es aber bisher.

Walter Tattermusch kennt die Nöte von Menschen wie Adriana Baumgartner. Der Beauftragte der Stadt Stuttgart für die Belange von Menschen mit Behinderung bekommt viele Anfragen dieser Art. „In Stuttgart eine Wohnung zu finden, ist an sich schon ein Kunststück“, weiß er, für Behinderte sei das Potenzial nochmals eingeschränkt. Treppen am und im Haus, Türbreiten, Platz zum Rangieren, Traglast bei Aufzügen, das Umfeld mit barrierefreien Zugängen zu öffentlichen Verkehrsmitteln oder Läden – all diese Faktoren müssten beachtet werden. „Lange Rede, kurzer Sinn: Es ist kompliziert“, sagt Walter Tattermusch. Das Liegenschaftsamt der Stadt könne Tipps geben, ebenso die Wohnberatung des Roten Kreuzes, „aber es ist wirklich keine einfach Situation“, bekennt er.

Die Frau hat im vergangenen Vierteljahr schon vieles versucht

Adriana Baumgartner hat im vergangenen Vierteljahr schon einiges probiert, wie sie betont, um an eine Anderthalb-Zimmer-Wohnung bis maximal 500 Euro Warmmiete zu kommen. Die will sie trotz ihrer neuen Liebe allein bewohnen. Über die bekannten Portale bekomme sie keine Antworten, sie glaubt, dass potenzielle Vermieter vor ihrer Behinderung zurückschrecken, dabei könne sie über ihre Erwerbsminderungsrente ein geregeltes Einkommen vorweisen, ebenso einen Wohnberechtigungsschein. Jetzt hat sie im Bezirk handgeschriebene Zettel aufgehängt. Ihren Frust kann sie aber nicht verbergen. „Hallo, ich bin genauso ein Mensch“, entfährt es ihr.

Adriana Baumgartner sucht eine Bleibe in Riedenberg, Sillenbuch oder Heumaden. Hier lebt ihr Partner, hier gefällt ihr die dörfliche Struktur, hier kennt sie sich schon etwas aus. Im Einkaufszentrum Sillenbucher Markt etwa sei alles ebenerdig und daher bestens erreichbar. Walter Tattermusch möchte ihr die Hoffnungen nicht nehmen. „Viele Wohnungsbaugesellschaften sind sehr offen“, sagt er. Im aktuellen Doppelhaushalt habe der Stuttgarter Gemeinderat zudem eine Million Euro fürs Förderprogramm behinderten- und altersgerechtes Wohnen bereitgestellt. Hausbesitzer sollen hier öffentliche Gelder abrufen können, um Wohnraum umzubauen.

Der Sozialausschuss soll am 23. Juli vorberaten, zwei Tage später sollen im Gesamtgremium die Förderrichtlinien festgezurrt werden. Bei ihrer aktuellen Suche wird das Adriana Baumgartner allerdings nicht helfen.

Wer kann helfen?

Kontakt zu zu Adriana Baumgartner aufnehmen kann man unter Telefon 0151/56 42 73 43.