Eine Schäferin soll ihre Herde, die im Eichenhain in Stuttgart-Sillenbuch grast, vor Ostern vernachlässigt haben. Die Tiere sollen zwei Tage lang geschrien haben. Anwohner schritten spontan ein und handelten.

Sillenbuch - Die Schäferin Nicole von Kopp Ostrowski, deren Tiere im Eichenhain in Sillenbuch weiden, ist bei manchen Anwohnern in Ungnade gefallen. Der Vorwurf: Vor Ostern seien die Tiere mindesten anderthalb bis zwei Tage gänzlich ohne Wasser gewesen. Nachbarn berichten, dass die Schafe tage- und nächtelang geschrien hätten. „Es sind auch kleine Lämmchen dabei, die nur einige wenige Wochen alt sind, noch Muttermilch trinken wollen, aber woher soll die Schafmutter Milch nehmen, wenn sie selbst nicht trinken kann?“, sagt Erika Schönfeld aus Riedenberg, die täglich in dem Gebiet Gassi geht.

 

Die Anwohner finden leere Wassertröge vor

Vom Gebrüll aufgeschreckt, kommen am Karfreitagmorgen Anwohner zum Gehege und sehen leere Tröge. „Die Leute haben sich schon etwas entsetzt“, berichtet die Anwohnerin Christel Hoffmann. Jemand hat Fotos gemacht. Zu sehen sind auf den Bildern in erster Linie Lämmer, die um umgedrehte Kübel stehen.

Erika Schönfeld ruft an jenem Morgen die Polizei. Was sie nicht weiß: Quasi gleichzeitig ziehen der Anwohner Gerhard Liebrucks und seine Frau mit Gießkannen und Eimern los, um zumindest ein Gefäß zu füllen. Gegen Mittag kommt die Schäferin hinzu. Nicole von Kopp Ostrowski sagt, die Polizei habe sie informiert, während sie mitgebrachte Kanister voller Wasser aus dem Auto hievt. Sie habe sich große Sorgen gemacht, dabei sind die Tiere friedlich, als sie eintrifft.

Die Vorwürfe, ihre Schafe zu vernachlässigen, weist sie von sich. „Glauben Sie nicht, dass mich jemand angerufen hätte, wenn die Tiere hier tagelang geschrien hätten?“, sagt sie und zeigt auf ein Schildchen am Zaun, auf dem mit Kuli eine Handynummer vermerkt ist. „Ich bin immer erreichbar.“ Die Schäferin spricht von einer Fehlinterpretation, „ich bin immer die, die alles erklären muss und die Schuldige ist“. 400 Liter saufe die Herde täglich, aktuell brauche sie weniger, weil frisches Gras zur Verfügung stehe. Ohnehin sei sie täglich vor Ort. Und geschrien hätten die Tiere deswegen, weil Muttertiere und Lämmer sich gesucht hätten. Christel Hoffmann zieht das in Zweifel. „Das waren keine Lämmer, die geschrien haben. Ich höre das ja“, sagt sie, und außerdem sei seither Ruhe.

Immer wieder randalierten Jugendliche im Eichenhain

Eine Frau von der Liliencronstraße, die mit ihren Kindern regelmäßig die Herde besucht, springt der Schäferin zur Seite. Sie berichtet von Vandalismus. „Hier sind immer wieder randalierende Jungs“, sagt sie. Würden die Kübel ausgeleert, könne sie auch nichts dafür, fügt Nicole von Kopp Ostrowski an. Erika Schönfeld wiederum will das nicht gelten lassen. Die Kübel seien schon lang umgekippt gewesen, daraus schließe sie, dass die Tierhalterin nicht da war. Im Eichenhain, sagt sie, kennen sich alle Hundebesitzer, es werde viel gesprochen. „Ich bin nicht allein. Ich bin zwar empfindsam, aber nicht hysterisch“, sagt das Mitglied eines Tierschutzvereins.

Aus polizeilicher Sicht ist im Eichenhain alles okay, berichtet der Sprecher Jens Lauer. Vergangenes Jahr seien eine Sachbeschädigung am Zaun und ein paar ausgebüxte Tiere gemeldet worden. Beim Veterinäramt in Esslingen beruft man sich auf den Datenschutz. Die Schäferin sei bekannt und unterstehe der Überwachung der Behörde, sagt der Amtsleiter Christian Marquardt, „gäbe es massive Verstöße, würden wir das ahnden“. Im Zweifelsfall sollten die Anwohner das Veterinäramt alarmieren, rät er. Zum Thema Wasser auf der Weide hat er eine klare Meinung: „Wir fordern das und empfehlen das dringend.“

Die Schäferin hat Probleme mit der Wasserversorgung

Was Nicole von Kopp Ostrowski nicht leugnet: Gerade mit dem Thema Wasser hat sie dauerhaft Scherereien. Im Winterlager in Pliensauvorstadt hat sie keinen Anschluss. Die Versorgung läuft über eine Quelle, die „unerreichbar weit weg“ ist. Sie habe ein Standrohr gemietet, das sie täglich mit dem Traktor anfahren müsse, „was aufwendiger wohl kaum möglich ist“. Und als sie am Karfreitag mittags in Riedenberg Wasser holen möchte, merkt sie, dass der Hydrant dort nicht funktioniert. Mit dem Futter hapert’s ebenfalls. Im Herbst sammelte sie Spenden, um die Tiere durch den Winter zu bringen.

Die Fronten scheinen verhärtet im Eichenhain. Christel Hoffmann glaubt: „Das Verhältnis ist ein besonderes zwischen Hundebesitzern und Schäferin.“ Man sei nicht gut aufeinander zu sprechen. Gerhard Liebrucks jedenfalls, der den Schafen Wasser gegeben hat, will über die Schäferin den Stab nicht brechen. „Sie hat’s nicht leicht. Ich würde ihr nichts anlasten. Das wäre töricht.“ Er habe am Karfreitag rein situativ gehandelt. „Wir freuen uns über die Schäfle, aber sie soll danach gucken“, sagt die Anwohnerin Heidi Meister.