Der Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz in der Stuttgarter City hat keine Aufenthaltsqualität, einen Hinterhofcharakter und eine riesige Tiefgarageneinfahrt. Jetzt soll er aufgemöbelt und damit auch ein Stück Stadtgeschichte sichtbar gemacht werden.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Nach Jahren des Stillstands kommt Bewegung in das Thema Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz. Bei einer Veranstaltung der Stiftung Geißstraße hatte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) im Juli öffentlich den Zustand des unweit des Rathauses zwischen Schulstraße und Neuer Brücke gelegenen Platzes beklagt. In einem Brief an Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) bekräftigte Aras jetzt ihre Forderung nach einer Platzgestaltung, „die angemessen an Joseph Süß Oppenheimer erinnert“. Der „Geheime Finanzrat“ Oppenheimer war im Jahr 1738 Opfer eines antisemitisch motivierten und öffentlich vollzogenen Justizmordes geworden. Die Nazis hatten den Stoff in dem von Veit Harlan produzierten, hetzerischen Film „Jud Süß“ propagandistisch ausgeschlachtet.

 

Aras: Platz ist eine traurige Mischung

„Ich appelliere an Sie als Oberbürgermeister, Ihr Möglichstes zu tun, dem Oppenheimer-Platz im Zentrum unserer Stadt ein würdiges Aussehen zu geben“, schrieb Aras. Auch 23 Jahre nach der Benennung des Platzes sei das damalige Versprechen der Stadt, den Platz entsprechend zu gestalten, noch nicht umgesetzt worden. „Vielmehr ist der Joseph-Süß-Oppenheimer-Platz bis heute eine traurige Mischung aus Tiefgarageneinfahrt und Hinterhof“, schrieb die ehemalige Grünen-Fraktionschefin im Gemeinderat weiter. Aras erinnerte daran, dass in diesem Jahr 1700 Jahre jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands gefeiert werde. Eines der Ziele des Festjahres sei es, dem wiedererstarkten Antisemitismus entgegenzuwirken. „Das Schicksal Joseph Süß Oppenheimers ist ein exemplarischer Teil dieser 1700 Jahre andauernden Geschichte“ – und des sie begleitenden Antisemitismus. Es zeige, dass der Antisemitismus Wurzeln auch in Stuttgart habe. Der Oppenheimer-Platz könne ein Ort sein, wo man sich mit diesem Problem aktiv auseinandersetzt. Die Landtagspräsidentin steht mit dieser Forderung nicht alleine. Auch die Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs befürwortet eine Aufwertung des Oppenheimer-Platzes. Ebenso die Stiftung Geißstraße, auf deren Initiative die Benennung des Platzes durch die Stadt 1998 mit zurückgeht. In seinem heutigen Zustand sei er „das Abbild eines halbherzigen Umgangs mit dem prominentesten Opfer des bis heute virulenten Antisemitismus“, kritisiert die Stiftung. Einziger Lichtblick: das junge Café Consafos, das etwas Leben in den Hinterhof bringt.

Erste Ideenskizzen liegen bereits vor

Inzwischen sieht Stiftungsvorstand Michael Kienzle jedoch einen „breiten Willen“ für eine Umgestaltung des Platzes. Zumal auch die Stadt Bereitschaft signalisiert hat. Erste Ideenskizzen liegen nach Auskunft des Stadtplanungsamtes inzwischen vor. Geplant ist demnach „ein niveaugleicher Ausbau des Platzes mit einem ansprechend beschichteten Asphaltbelag“. Hinter der Tiefgaragenzufahrt soll eine mit Stahl eingefasste Gedenkstätte mit flachwurzelnden Bäumen eingerichtet werden. Im Umfeld dieser Gedenkstätte sind den Angaben zufolge Sitzmöglichkeiten und eine Gedenktafel vorgesehen. Geld dafür steht im Doppelhaushalt bereit. Der Gemeinderat hatte 898 000 Euro bewilligt. Noch in diesem Jahr soll ein Planungsbüro beauftragt werden. „Ein Baubeginn ist ab 2023 möglich, wenn alle stadtgestalterischen Grundlagen geklärt und abgestimmt sind “, erklärt die Stadtverwaltung weiter.

Angedacht ist eine Gedenkstätte mit Bäumen

Das könnte gerade so reichen – sofern die Pläne allgemein auf Zustimmung treffen. Der Wunsch der Stiftung Geißstraße jedenfalls ist, „dass der Platz ein Vierteljahrhundert nach seiner Benennung, also am 15. Oktober 2023, endlich ein Ort ist, an dem Menschen sich aufhalten und erinnern können“. Ein symbolisches Datum in doppelten Sinne: Der 15. Oktober 2023 ist der 325. Geburtstag von Joseph Süß Oppenheimer.