Zwölf Jahre lang war die Tanzoase im Emerholz ansässig. Weil das Baurecht in dem Gebiet derartige Einrichtungen verbietet, war ein Umzug unausweichlich.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stammheim - Gerda Masen fiel aus allen Wolken, als sie Ende vergangenen Jahres den Brief des Stuttgarter Baurechtsamtes in Händen hielt. „Es wurde mir von Seiten der Stadt mitgeteilt, dass ich angezeigt wurde und dass keine Genehmigung vorliegt, um im Gewerbegebiet Emerholz eine Tanzschule zu betreiben – ich dachte, mich trifft der Schlag.“ Bis dahin hatte sie zwölf Jahre lang unbehelligt an der Straße Am äußeren Graben 1 unzählige Kinder, Jugendliche und Erwachsene in orientalischen Tänzen unterrichtet. „Ich war bei meinem Einzug davon ausgegangen, dass sich mein Vermieter um einen Nutzungsänderung gekümmert und die Sache ordentlich geregelt hätte“, sagt die 61-Jährige. Hatte er nicht.

 

Wie aus dem Schreiben des Baurechtsamtes ersichtlich wurde, waren in den rund 100 Quadratmeter großen Räumen im Untergeschoss des Hauses lediglich „Lagerräume“ gemeldet. „Vor meinem Einzug war hier eine Repro-Firma, ich dachte bei meinem Einzug, es ist alles rechtens“, sagt Masen. „Ich hatte eine Wand einziehen lassen, eine Dusche und eine kleine Küche einbauen lassen. Und nun heißt es, rechtswidrige Nutzung.“

Strikte Rechtslage

Tatsächlich hätte die Tanzoase nie im Gewerbegebiet Emerholz ihre Zelte aufschlagen dürfen, denn dort gilt ein Baurecht, das keinen Spielraum zulässt – auch nicht ausnahmsweise. In dem Gebiet sind „keine kirchlichen, kulturellen, sozialen, gesundheitlichen oder sportlichen Einrichtungen zulässig“. Lediglich kleine Handwerksbetriebe, Büros, Lagerräume, Tankstellen und Werkstätten sind am Emerholz gestattet. Diese strikte Rechtslage hatte im vergangenen Jahr auch ein Moscheeverein zu spüren bekommen, der ebenfalls ohne Genehmigung eine Moschee am Emerholzeweg 35 betrieben hatte (wir berichteten). Auch die Moschee musste unverzüglich ihre Türen für Besucher schließen und die Verantwortlichen den Betrieb einstellen. Dasselbe gilt nun auch für die Tanzoase. „Mir war klar, dass die Anzeige mit der Schließung der Moschee zusammenhängt“, sagt Masen. Wenngleich ihre Schule keine kirchliche Einrichtung sei, so ist sie je nach Auslegung doch eine kulturelle beziehungsweise sportliche. „Wer mich angezeigt hat, weiß ich nicht, aber es ist selbstverständlich, dass alle gleich behandelt werden müssen.“

Schnell sei ihr Ende des Jahres klar geworden, dass sich unmittelbar an Ort und Stelle keine Lösung ergeben würde. „Das haben mir auch die sehr freundlichen Mitarbeiter im Baurechtsamt deutlich gemacht.“ Ein Plan B musste her. „Ich habe dann meinen Mietvertrag zum Dezember gekündigt und bin auf den Turnverein Stammheim zugegangen“, sagt die Tanzlehrerin. „Wir haben schon in der Vergangenheit öfter bei Veranstaltungen für den Turnverein getanzt und da war es für mich das naheliegendste, dort anzuklopfen.“

Dankbar für neues Domizil

Und ihr wurde aufgetan – im Clubhaus des TV Stammheim an der Solitudeallee. Seit diesem Monat gibt die gelernte Erzieherin dort Kurse, die von agyptischer Folklore, über Gothic Dance bis hin zu Poi-Tanz reichen. „Ich bin jetzt nicht mehr selbstständig, sondern wir sind mit der Tanzoase Teil des Turnvereins geworden. Ich bin für die Aufnahme sehr dankbar, wir fühlen uns willkommen“, sagt sie. „Der neue Raum ist zwar etwas kleiner als der alte, aber groß genug, um Gruppen bis zu zehn Leuten zu unterrichten“, freut sich Masen. Der Einzug soll mit einer Tanzschau am 3. März in der Turnhalle des Vereins, Solitudeallee 162, gefeiert werden. Das Motto lautet „Ala toul“ – „Das ist ein Arabisches Wort mit zwei Bedeutungen“, erklärt Masen. „Es heißt sowohl geradeaus und als auch für immer.“

Info Karten für die Veranstaltung am 3. März in der alten Turhalle können unter der Telefonnummer 0711 / 826 17 44 oder per E-Mail unter tanzoase@gmx.de reserviert werden.