Es mutet an wie aus einer Kriminalkomödie – nur witzig fanden es die Opfer nicht. Mit sogenannten Rip-Deals hat eine Bande 1,7 Millionen Euro erbeutet. Jetzt folgt der Prozess.

Stuttgart - Es sind zwei Bubenstücke wie aus einer Kriminalkomödie, die vor der 5. Strafkammer des Landgerichts verhandeln werden. Allein, die zwei geprellten schwäbischen Firmen können darüber nicht lachen. Ihnen fehlen rund 1,7 Millionen Euro in der Kasse. Zwei Männer, die zu der Trickbetrügerbande gehören sollen, stehen jetzt vor dem Landgericht.

 

Ende Januar 2015 klingelte das Telefon bei einem Traditionsunternehmen im Nordschwarzwald. Eine Frau flötete in den Hörer, sie rufe aus London an und sei von einer indischen Firmengruppe beauftragt, Turmuhren für mehrere Millionen Euro zu bestellen. 14 an der Zahl sollten es sein, was einem Auftagsvolumen von rund 14 Millionen Euro gleichkommt. Die Uhrenbauer bissen an.

„Vermittler“ bestehen auf Echtheitsprüfung

Es folgten mehrere Treffen mit den vermeintlichen Vermittlern des Großauftrags, bei denen den Firmenvertretern klargemacht wurde, man erwarte eine Provision in Höhe von 700 000 Euro. Sonst komme das Millionengeschäft nicht zustande. Das Geld müsse in bar fließen. Und vor allem: Man müsse die Scheine in Augenschein nehmen, um sie einer Echtheitsprüfung unterziehen zu können.

Also traf man sich Ende Februar 2015 in einer Bankfiliale in Böblingen. Die Uhrenmacher hatten 14 Pakete mit je 50 000 Euro im Gepäck. Eine Frau namens Ariana nahm die Päckchen in Empfang, prüfte sie, telefonierte, lenkte den Firmenvertreter ab – und tauschte die Banknoten gegen Papierschnipsel aus. Die 700 000 Euro wanderten in ihre Tasche, der Papiermüll dagegen ins Schließfach.

Danach schafften es die Uhrenmacher nicht mehr, mit den angeblichen Vermittlern in Kontakt zu treten. Als sie das Schließfach öffneten, wurde ihnen klar, dass man sie gewaltig über den Tisch gezogen hatte.

Das zweite Gaunerstück spielte in London, Brüssel und in einer Bankfiliale auf der Königstraße in Stuttgart. Dieses Mal machte die Bande einer Firma für Baustellenabsicherungen weis, ein Kunde aus Hongkong wolle 300 Warnbaken für rund 15 Millionen Euro kaufen. Dafür sei eine Provision von einer Million Euro fällig. Nach mehreren Treffen sollte ein angeblicher pensionierter Banker aus der Schweiz, den der Staatsanwalt nur den Mann mit Hut nennt, die eine Million unter die Lupe nehmen. Er tauschte das Geld gegen Schnipsel und verschwand.

Der Angeklagte hat Angst vor dem Hintermann

Zwei 52 Jahre Männer aus Offenbach haben vor der 5. Strafkammer gestanden, Teil der kriminellen Charade gewesen zu sein. Der Hauptangeklagte sagte, er habe bei „Russen“ mit 150 000 Euro in der Kreide gestanden. Ein Verwandter habe ihm schließlich angeboten, bei den Diebstählen den Vermittler zu spielen. „Ich habe nicht mehr weitergewusst“, sagt der Mann. Ein Italiener, angeblich ein Anwalt, habe ihm die Instruktionen gegeben. Den Namen dieses Hintermannes will er nicht sagen. „Ich habe Angst um meine Familie“, so der vierfache Großvater.

Der andere Angeklagte war nur in den Stuttgarter Fall verwickelt. Er soll den Mann mit Hut angeheuert haben und er soll bei einem Treffen dabei gewesen sein – aber eher als Statist, so sein Verteidiger. Beide Männer sind einschlägig vorbestraft.

Der Hauptangeklagte muss mit knapp sechs Jahren Gefängnis rechnen, sein Komplize dürfte mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Das haben Rechtsgespräche zwischen den Prozessbeteiligten ergeben. Das Urteil in dem ungewöhnlichen Fall soll am 7. September verkündet werden.