Das Grabmal für die Widerstandsgruppe Schlotterbeck auf dem Untertürkheimer Friedhof ist nicht leicht zu finden. Jetzt wird eine Beschilderung gewünscht.

Untertürkheim - L eider, bedauert Michael Horlacher, sei die Grabstätte der kommunistischen Widerstandsgruppe Schlotterbeck auf dem Untertürkheimer Friedhof nicht so leicht zu finden. Erst vor kurzem führte der Hobbyhistoriker eine Schulklasse des Gottlieb-Daimler-Gymnasiums zu diesem Gedenkort – ohne ihn hätten die Jugendlichen das Mahnmal für die Opfer des Faschismus wohl nicht gefunden. Ein Hinweisschild existiert nicht, einen Lageplan sucht man im Infokasten vergeblich und die Lage oberhalb der Feierhalle ist nicht gerade prominent: Abgeschirmt durch eine dichte, hohe Hecke abseits der Gräberfelder liegen im Rasen eingebettet ein schlichter großer Stein für Hermann Schlotterbeck und drumherum zehn kleinere für seine Mitstreiter: seine Eltern Gotthilf und Maria Schlotterbeck, die Schwester Gertrud Lutz, die Freunde Erich Heinser, Else Himmelheber, Emil Gärttner, Sofie Klenk, Emmi und Theodor Seitz sowie Hermann Seitz.

 

Am 22. Juni 1944 wurde die Luginsländer Familie Schlotterbeck und ihr Freundeskreis, vermutlich durch Nachbarn denunziert, bei einem Treffen im Haus in der Annastraße 6 verhaftet. Die Gestapo Stuttgart nahm blutige Rache, weil sich der Kopf der Gruppe, Friedrich Schlotterbeck, durch Flucht in die Schweiz dem Machtbereich der Nazis zu entziehen versuchte. Am 27. November 1944 wurden sie nach Dachau transportiert, wo neun von ihnen ohne Gerichtsverhandlung am 30. November „wegen Vorbereitung zum Hochverrat“ hingerichtet wurden. Hermann Schlotterbeck wurde beim Fluchtversuch im April 1945 in Riedlingen erschossen.

Schlechter Zustand

„Sie haben einen guten Kampf gekämpft. Sie haben den Lauf vollendet. Sie haben den Glauben gehalten.“ So lautet die Inschrift auf Hermann Schlotterbecks Grab, die der überlebende Friedrich 1948 in einem Brief an den damaligen Untertürkheimer Bezirksvorsteher Karl Weber vorgeschlagen hatte. Dem Schreiben zufolge wünschte er sich wilde Heckenrosen um den Gedenkstein herum – geworden ist es letztlich nur eine schlichte Ligusterhecke, „die mal wieder geschnitten werden könnte“, meint Horlacher, der sich intensiv mit dem Schicksal von Gertrud Lutz beschäftigt hat. Überhaupt: Der Pflegezustand der Anlage sei der Opfer „nicht würdig“, findet der Stuttgarter. Ein Teil der Steine sei überwachsen und verwittert, die Namen seien kaum lesbar. Gerade jetzt, wo sich in Stuttgart mit dem Hotel Silber eine Erinnerungskultur entwickle, sollte die Stadt ein solches Grabmal in Ehren halten. Und ein Hinweis darauf wäre wünschenswert, meint Horlacher.

Um ein Ehrengrab handle es sich indes nicht, heißt es im Rathaus der Landeshauptstadt. In Stuttgart haben bislang nur 22 Persönlichkeiten diese Auszeichnung nach ihrem Tod erhalten – darunter Dichter Eduard Mörike (1804-1875), die früheren Stuttgarter Oberbürgermeister Karl Lautenschlager (1868-1974), Arnulf Klett (1905-1963) und Manfred Rommel (1928-2013), der erste Bundespräsident Theodor Heuss (1884-1963), der Unternehmer und Stifter Robert Bosch (1861-1942), Autopionier Gottlieb Daimler (1834-1900) und Konstrukteur Graf Ferdinand von Zeppelin (1838-1917).

Klare städtische Richtlinien

Wem diese Ehre zuteil wird, ist in einer städtischen Richtlinie von 1985 klar geregelt: Neben verstorbenen Ehrenbürgern der Stadt können auch „bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die in Stuttgart geboren wurden, während ihres Lebens hier gewirkt haben oder die der Landeshauptstadt in besonderer Weise verbunden waren“ in Frage kommen. Für die Dauer von 30 Jahren übernimmt die Stadt die Pflege ihrer Gräber – mit Option auf Verlängerung um weitere 30 Jahre.

Das Schlotterbeck-Grabmal auf dem Untertürkheimer Friedhof wurde 1949 errichtet und 1992 von der Stadt in das Verzeichnis der erhaltenswerten Grabstätten auf Stuttgarter Friedhöfen aufgenommen. Die Liste umfasst inzwischen rund 700 Gräber, die aus gestalterischen oder – wie im Fall der prominenten Widerstandsgruppe – aus personengeschichtlichen Gründen für die Nachwelt gesichert werden. So hat die Stadt vor etwa zehn Jahren die elf beschrifteten Platten „aufsockeln“ lassen, weil sie zusehends in der Rasenfläche verschwanden. Ob irgendwann auch einmal ein Schild auf die Grabanlage mit Gedenkstättencharakter hinweisen wird, ist offen.