Seit mehr als zehn Jahren erarbeiten Stadtplaner und Architekten Entwürfe für eine Bebauung der Fläche am Vaihinger Bahnhof, das sogenannte Aurelis-Gelände. Die Ideen reichen vom Biergarten bis zum Hochhaus. Geschehen ist noch nichts.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Für manch einen war es ein Deja-vu. Als Bezirksvorsteher Kai Mungenast vor wenigen Wochen zu einer Bürgerinformation einlud, hatten viele das Gefühl, alles schon einmal gehört zu haben. Städtische Mitarbeiter informierten über das, was auf dem sogenannten Aurelis-Gelände am Vaihinger Bahnhof alles entstehen könnte. Bereits der Name des etwa 25 000 Quadratmeter großen Geländes erinnert an die lange Geschichte.

 

Aurelis wurde 2002 von der Deutschen Bahn gegründet und übernahm zahlreiche von der Bahn nicht mehr benötigte Flächen. Das Unternehmen ist Teil eines Portfolios eines internationalen Immobilien-Investors. Das Projekt gehörte zum Geschäftsbereich Landentwicklung. Bei diesem geht es darum, brachliegende Flächen zu erwerben, durch Bebauung aufzuwerten und dann gegebenenfalls gewinnbringend weiterzuverkaufen.

Die erste Idee: ein Busbahnhof

Von 2007 bis Anfang 2010 war auf dem Gelände am Vaihinger Bahnhof der Fernomnibusbahnhof (FOB) mit einem ergänzenden Dienstleistungskomplex geplant. Das Thema bewegte die Gemüter. In Vaihingen gründete sich die Initiative gegen den FOB, die über Jahre sehr aktiv war. Allen kritischen Rufen aus dem Stadtbezirk zum Trotz, stimmte eine Mehrheit im Gemeinderat zunächst für den Fernomnibusbahnhof. Doch dann machte die CDU einen Rückzieher. Weil nach der Gemeinderatswahl die neue öko-soziale Mehrheit den Ausbau der Nord-Süd-Straße gekippt hat, wollten die Christdemokraten den FOB nicht mehr in Vaihingen haben. Der Verkehr sei unter diesen Umständen nicht zu bewältigen, so die Argumentation.

Die zweite Idee: das Vaihinger Band

Also zurück auf Start. „Wir wollen jetzt einen Neuanfang machen und gemeinsam eine standortadäquate und wirtschaftliche Lösung erarbeiten, die breite Akzeptanz findet“, schrieb Aurelis in einer Pressemitteilung vom Juni 2010. Das Planungsbüro Schwarz Architekten erarbeitete drei unterschiedliche Bebauungsszenarien. Die Bürger sollten bei einem Workshop ihre Ideen einbringen.

Das Ergebnis war letztlich das „Vaihinger Band“ – ein „dynamischer Mix aus Gewerbe, Büroflächen, etwas Einzelhandel und Wohnen“. So stand es damals auf der Projekt-Webseite. Der Vaihinger Bezirksbeirat stimmte schließlich mehrheitlich dafür. In einer Aurelis-Pressemitteilung vom Februar 2012 war zu lesen, dass das Unternehmen und die Stadt „derzeit“ den Entwurf für den städtebaulichen Vertrag abstimmen, in dem die Verteilung der Aufgaben sowie der Kosten geregelt werde.

Letzteres war der Knackpunkt. Insbesondere ging es um die Fußgängerunterführung zwischen dem Synergiepark und dem S-Bahnhof. Der Vorschlag der Stadtplaner sah einen zentralen Platz an dieser Stelle vor. Aber wer zahlt dafür? Aurelis, meinte die Stadt – die Stadt, meinte Aurelis. Der städtebauliche Vertrag zwischen der Verwaltung und dem Unternehmen, der seit Ende 2013 vorlag, wurde nie unterschrieben. Mehrere Jahre lang tat sich gar nichts mehr – Stillstand.

Die dritte Idee: eine Ausgleichsfläche

Dann kam die Allianz und brachte Bewegung in die Sache. Der Versicherungskonzern möchte auf seinem Grundstück an der Heßbrühlstraße eine neue Hauptverwaltung bauen. Und weil das eigene Grundstück nicht groß genug ist, gibt die Stadt noch ein paar Flächen dazu, nämlich den Betriebshof der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), die Außenstelle des Tiefbauamts und ein Grundstück mit Wohnungen der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG). Weil aber die Allianz mit ihrem Neubau mehr Boden versiegelt als bisher, muss es dafür Ausgleichsflächen geben. Darum kaufte die Stadt 2017 das Aurelis-Gelände.

Erst einmal Zwischennutzung

Und wieder ging es zurück auf Start. Nun soll ein städtebaulicher Rahmenplan erstellt werden. Bei der Bürgerinformation vor wenigen Wochen informierte die Verwaltung über den aktuellen Stand der Dinge und lotete die Vorstellungen der Anwohner aus. Die Aurelis-Pläne von damals wurden wieder aus der Schublade gezogen. Sie dienen als Grundlage für das, was nun kommen könnte. „Eine überwiegend öffentliche Parkfläche und ein Mobilitätszentrum“, wie es Finanzbürgermeister Michael Föll vor einiger Zeit formuliert hat. Die Allianz muss dafür zahlen, wie genau, ist noch unklar. Und bis es soweit ist, werden ohnehin noch viele Züge den Vaihinger Bahnhof passieren. Vorerst sind verschiedene Zwischennutzungen des Geländes geplant. Die Baulogistik für die Rohrer Kurve für das Projekt Stuttgart 21 soll dort Platz finden. Auch der Ausbau des Vaihinger Bahnhofs zum Regionalbahnhalt wird einen Teilbereich beanspruchen. Die Abfallwirtschaft Stuttgart soll dort vorübergehend ein neues Zuhause finden. Die unendliche Geschichte geht also weiter.