Wenn es nach Klaus-D. Jaensch aus Stuttgart-Büsnau geht, sollen die Bürger bald auf öffentlichen Flächen Essbares ernten. Der Senior macht sich dazu schon seit Langem Gedanken zu Urban Gardening und macht konkrete Vorschläge für den Weg dorthin.

Büsnau - Auf dem Büsnauer Platz blühen Tulpen in Rot, Weiß und Rosa. Auf einer Insel zwischen den Gehwegen recken sich die Köpfe lilafarbener Blumen gen Sonne. Vereinzelt sprießt Löwenzahn zwischen den Grashalmen, doch außer den Tulpenfeldern und der bepflanzten Insel blüht hier nichts, und das ärgert Klaus-D. Jaensch. Deswegen setzt er sich für die Begrünung von öffentlichen Flächen ein.

 

„Ich kann viel mosern, aber ich will mit meinen Ideen die Leute vor Ort ansprechen“, sagt der Büsnauer. Er hat ein Konzept ausgearbeitet, um Grünflächen in Stuttgart ansprechender zu gestalten, denn dass dort nur Gras wächst, hält er für nicht ökologisch. Stattdessen solle eine Vielfalt an Wildblumen, Sträuchern und Bäumen die Insekten anlocken. „Wir reden jeden Tag über das Bienensterben. Ich will zumindest mit meinem Garten und meinen Kräften etwas tun, um dagegen zu halten“, sagt Jaensch.

Eine der Flächen, an die er dabei denkt, ist der Büsnauer Platz. Zusätzlich könnten dort Verkehrsinseln und Straßenränder in Zukunft blühen, findet der Senior. Bisher verrichteten dort allerdings eher Hunde ihre Geschäfte, als dass Bienen Nahrung fänden.

Die Anwohner dürften einfach ernten

Jaensch verfolgt mit seinem Vorstoß noch eine zweite Strategie: Er will auf öffentlichen Grünflächen Nutzpflanzen wie Mangold, Tomatensträucher oder Kräuter wie Rosmarin anbauen. Dafür könne man Hochbeete errichten oder das Gemüse einfach anstatt Gras in die Erde pflanzen. „Das sieht schön aus, und die Anwohner dürfen es ernten. Wenn die Leute es selbst nutzen und betreiben, dann pflegen sie es auch.“

Das sogenannte Urban Gardening, was auf Deutsch so viel wie städtisches Gärtnern heißt, hat er sich in anderen Städten abgeschaut. Bei einer Fahrradtour durch Frankreich habe er eben solche Beete direkt an der Straße entdeckt: „Das wirkt ganz anders als runtergerittenes Gestrüpp“, sagt Jaensch. An dem Gemüse, den Kräutern und dem Obst dürften sich alle Bürger bedienen: „Wenn man beim Kochen keinen Rosmarin mehr da hat, um das Fleisch zu würzen, dann schaut man einfach, ob es ihn im öffentlichen Beet gibt“, sagt Jaensch. Im Gegenzug zögen die Anwohner mit der vollen Gießkanne durch die Straßen, um die Pflanzen, die ihrem Essen Geschmack verleihen, zu erhalten.

Der Mann aus Stuttgart-Büsnau möchte ein Zeichen setzen

„Ich schleppe die Idee schon Jahre mit mir herum. Jedes Mal, wenn ich in Büsnau an der Wiese vorbeifahre, denke ich: Da muss man etwas tun“, sagt Jaensch. Mit der Umsetzung seines Konzepts in Büsnau möchte er ein Zeichen setzen, dass man auch selbst für die Umwelt und ein grüneres Stuttgart aktiv werden kann.

Doch nicht jeder wird pfleglich mit den öffentlichen Anlagen umgehen: „Man muss sich klar darüber sein, dass ein randalierender Trupp mal eine Pflanze rausreißt, dagegen kann man sich nicht wehren. Aber wenn etwas schön ist, tut man sich schwerer, es zu zerstören“, sagt Jaensch. Er selbst würde direkt in den Baumarkt fahren und neue Pflanzen holen, um ein zerstörtes Beet wieder herzurichten, doch kann er eine Begrünung von mehreren Beeten in ganz Stuttgart finanziell natürlich nicht stemmen.

Damit in Büsnau bald Blumen blühen und die Anwohner Rote Bete oder Erdbeeren ernten können, hat er die Stadt angeschrieben. Er hofft darauf, in ihr einen Kooperationspartner zu finden. Es bedarf nicht nur finanzieller Hilfe. Er hofft, dass die Stadt ihn auch mit Arbeitskraft unterstützen kann. Die Gärtner, die normalerweise das Gras auf den öffentlichen Flächen stutzen, könnten ja zum Beispiel regelmäßig die Blumen gießen. „Das Umdenken ist wichtig: Wir brauchen nicht nur einen grünen Bürgermeister, sondern auch eine grüne Stadt“, sagt Jaensch.

Würde die Schule kooperieren?

Er kann sich auch eine Kooperation mit der ansässigen Steinbachschule vorstellen, und diese wolle er in den nächsten Tagen kontaktieren, sagt er. Er hoffe darauf, dass Klassen Patenschaften für ein Beet übernehmen, es erst einmal bepflanzen, dann pflegen und am Ende auch die Früchte ihrer Arbeit ernten.

In seinem eigenen Garten hat Jaensch eine Wildblumenwiese gesäet. Nun wartet er darauf, dass sich die Blumen gegen das Unkraut durchsetzen. Außerdem zieren drei Kirschbäume seinen Garten. Vergangenes Jahr konnte er dort knapp einen halben Zentner Früchte ernten, aus denen er unter anderem Kirschessig und Saft hergestellt hat. Im Frühjahr erfreuten sich die Bienen an den Blüten: „Mein Ziel ist es nicht, dass ich ein eigenes Beet habe. Ich habe mit meinem Garten genug zu tun. Es geht darum, dass jeder mithilft, die Stadt grüner zu machen“, sagt Jaensch.