Unabhängig vom geplanten Neubau der Allianz im Gewerbegebiet Vaihingen-Möhringen muss die Müllabfuhr umziehen. Auf dem Betriebshof an der Liebknechtstraße ist es zu eng. Aber wo soll die Abfallwirtschaft Stuttgart hin?

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Kurt Falkenstern ist bereits seit halb sechs an seinem Schreibtisch. Denn bei der Abfallwirtschaft Stuttgart geht es früh los. „Im Sommer fahren unsere Männer teilweise schon um 5.45 Uhr raus“, sagt der Leiter der AWS-Betriebsstelle Filder. Das machen die Müllwerker, damit sie nicht zu sehr der Hitze und dem schädlichen Ozon ausgesetzt sind. Auf dem Betriebshof an der Liebknechtstraße arbeiten etwa 75 Leute. Sie sind mit 22 Fahrzeugen unterwegs. Das meiste sind große Müllfahrzeuge, darunter sind aber auch zwei Planwagen für den Transport von Mülltonnen und ein modernes Elektrofahrzeug für Dienstfahrten. Das Personal und die Flotte sind notwendig, denn die Männer sind für die gesamte Filderregion zuständig. Ihr Gebiet reicht von Büsnau im Nordwesten bis nach Hedelfingen im Nordosten, im Süden begrenzt die Autobahn den Aktionsradius. Die Männer leeren in diesen Bereich 30 000 Papiertonnen, 30 000 Restmülltonnen und 8000 Biotonnen.

 

Auf dem Betriebshof ist es eng

Wenn die Mannschaft früh morgens ausrückt, geht auf dem Betriebshof nichts mehr. Müllwerker müssen mit den großen Fahrzeugen rangieren, was aber angesichts der Enge kaum möglich ist. Denn das Gelände misst gerade mal 2500 Quadratmeter. Hinzu kommt, dass das Dach der Fahrzeughalle für die modernen dreiachsigen Fahrzeuge zu kurz ist. Darum müssen die Männer im Winter bei Schnee und Eis die Lastwagen erst freiräumen. Das ist zeitlich nicht vorgesehen.

Auch der zweistöckige Holzbau ist nicht für so viele Männer ausgelegt. Es gibt nicht genug Platz für die Spinde. Die sind aber notwendig, weil jeder Mitarbeiter seine Sachen einschließen können muss, wenn er in seine Arbeitskleidung schlüpft. Die AWS hat gehandelt und zwei Container anliefern lassen, in denen weitere Spinde untergebracht sind. Doch für mehr ist kein Platz mehr. Es werden aber zusätzliche Spinde gebraucht. Denn die Betriebsstelle Filder bekommt mehr Mitarbeiter. Das ist wegen der Einführung der Pflichtbiotonne im Vollservice notwendig. Damit wird es künftig noch einmal 12 000 zu leerende Behälter mehr geben, was freilich auch mehr Fahrzeuge bedingt.

Vor zehn Jahren musste die AWS schon einmal umziehen

Als die AWS im Juni 2006 nach Vaihingen zog, war das Gelände noch gerade so ausreichend. „Eng war es hier immer. Aber das Grundstück war nie als Provisorium gedacht“, sagt Falkenstern. Damals musste der Betriebshof umziehen, weil ihr 10 000 Quadratmeter großes Gelände im Gewerbegebiet Fasanenhof an die EnBW verkauft worden war. Die Verkleinerung der Fläche um drei Viertel war zu jener Zeit möglich, weil auch bei der AWS gespart und Personal abgebaut wurde. „Wir erfuhren damals aus der Zeitung, dass wir umziehen müssen“, sagt Falkenstern.

Nun ist die Situation wieder ganz ähnlich. Aus der Zeitung haben die AWS-Mitarbeiter erfahren, dass ihr Gelände an der Liebknechtstraße der Allianz für ihren Neubau zur Verfügung gestellt wird. Die Stadt will mittelfristig einen neuen Betriebshof im Degerlocher Gewerbegebiet Tränke bauen – dort, wo derzeit die Feuerwache ist. „Das ist ein idealer Standort. Denn die Tränke liegt genau in der Mitte unseres Einzugsgebiets und wir hätten kurze Wege“, sagt Falkenstern. Doch bis es soweit ist, werden noch einige Jahre vergehen. Der neue Betriebshof geht einher mit der neuen Feuer- und Rettungswache an der Sigmaringer Straße in Möhringen. Und dieses Projekt verzögert sich.

AWS ist ein vergleichsweise angenehmer Nachbar

Darum braucht die AWS eine Interimslösung. Der Betriebshof soll vorübergehend auf das ehemalige Aurelis-Gelände in Vaihingen, also nicht weit vom jetzigen Standort entfernt. Der Vaihinger Bezirksbeirat ist mehrheitlich dagegen. Und zwar aus Prinzip, weil er gegen die Allianz ist. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit stimmte das Gremium in seiner Mai-Sitzung gegen den Antrag der AWS. Falkenstern und auch Annette Hasselwander, die Öffentlichkeitsbeauftragte der AWS, können das nicht ganz verstehen. „Wir müssen sowieso umziehen, unabhängig von der Allianz, weil es hier zu eng ist“, sagt Hasselwander. Sie und Falkenstern wünschen sich mehr Anerkennung für die AWS. „Jeder ist froh, wenn seine Tonne ordnungsgemäß geleert wird. Aber keiner will den Betriebshof vor seiner Haustür haben“, sagt Falkenstern.

Dabei sei die AWS ein vergleichsweise unkomplizierter Nachbar. Die modernen Fahrzeuge müssen nicht mehr warmlaufen, machen also keinen Gestank und keinen Lärm, bevor sie ausrücken. Die wenigsten Mitarbeiter kommen mit dem eigenen Auto, sodass Verkehrsprobleme nicht zu befürchten sind. Und auf dem Gelände stinkt es auch nicht, weil dort kein Müll gelagert wird. „Dennoch musste die Stadt für den neuen Standort in der Tränke ein Gestanksgutachten vorlegen“, sagt Falkenstern und schmunzelt. Doch die Experten haben bestätigt, dass es aus modernen Müllfahrzeugen heraus nicht mehr übermäßig riecht. „Es ist schwer, die Meinung der Menschen zu ändern“, sagt Falkenstern. Und Hasselwander ergänzt: „Wir können nur immer wieder sachlich aufklären und berichten. Und daran erinnern, dass die Kollegen eine absolut wichtige Aufgabe erfüllen.“