Wie steht es um den Fasanenhof? Bewohner des Hochhauses Salute diskutieren in 60 Meter Höhe über Themen wie Architektur, Verkehrsanbindung und Nachverdichtung.

Fasanenhof - In dritter Generation lebt die Familie Gaebler im Hochhaus Salute. Matthias und Michaela Gaebler, wohnen mit ihren Kindern dort; Matthias Vater, Rudolf Gaebler, 83, gehört zu den ersten Bewohnern des Bauwerks, ebenso Erwin Bolsinger, 93 Jahre alt. Sie alle sind Wohnungseigentümer und treffen sich auf der Dachterrasse zum Gespräch.

 
Was hat Sie, die ersten Bewohner, in das Hochhaus gezogen?
Erwin Bolsinger: „Nach dem Krieg fand ich in Stuttgart meine Frau. Ich hörte, hier kann man günstig eine Wohnung bekommen. Und zack, so haben wir eine Wohnung gekauft, noch fünf Mark auf dem Konto.“
Rudolf Gaebler: Meine Verlobte und ich wollten nicht mieten. Wir warteten zwei Jahre, bis das Haus fertig wurde und kauften die Wohnung. Das war noch günstig, damals.“
Ist der Fasanenhof nun nicht mehr günstig?
Erwin Bolsinger: Die Preise sind kolossal hoch. Meine Vier-Zimmer-Wohnung würde heute 250 000 Euro kosten. Das ist eine Luftblase.
Matthias Gaebler: Auch auf Immobilienscout werden Sie für den Fasanenhof keine Anzeige finden, alles ist schon vermietet und gekauft. Damals aber wurden die Wohnungen noch zugeteilt.
Erwin Bolsinger: Ich bekam meine Wohnung nur, weil ich schon zwei Kinder hatte.
Michaela Gaebler: Das hier sind zwar Eigentumswohnungen, aber die Stadt hatte damals noch ein Mitspracherecht.
Wie lebt es sich denn im Hochhaus?
Michaela Gaebler: Ich kam damals dazu und dachte: Um Gottes Willen. Aber ich bin begeistert, es ist hell, viel Grün drum herum, man ist schnell in der Stadt. Und von der Architektur her ist es eben kein klassisches Hochhaus.
Kennt man seine Nachbarn ?
Rudolf Gaebler: Die Nachbarschaft ist gut, es gab sogar einen Kegelklub namens Salute.
Erwin Bolsinger: Heute mittag haben wir uns wieder getroffen, alle vier Wochen, nur kegeln wir mittlerweile nicht mehr.
Matthias Gaebler: Man kann, wenn man will, komplett anonym leben, aber man kann auch Freundschaften finden.
Die Architektur des Hochhauses ist preisgekrönt .
Matthias Gaebler: Das Haus ist etwas Besonderes, eine Augenweide, kein Plattenbau. Sie finden hier keine rechteckigen Räume, das ist durchaus interessant.
Michaela Gaebler: Sogar Wohnungen untereinander sind unterschiedlich aufgeteilt. Es ist hell und geschickt gebaut.
Rudolf Gaebler: Wer sich den Fasanenhof anschaut, sieht aber neben den Hochhäusern fünfzig, sechzig umgefallene Hochhäuser, die Reihenhäuser. Hätte man die so hingestellt wie unser Haus, wäre viel mehr Platz.
Erwin Bolsinger: Aber wir wollen hier auch kein Manhattan in New York sein. Doch platzsparend wäre gut, dann leben wir nicht von den Bauplätzen, sondern von den Wiesle und Äckerle.
Wobei das Thema „Platz sparen“ ja diskutiert wurde, Stichwort Nachverdichtung.
Rudolf Gaebler: Wichtig ist, dass nicht noch mehr hinein gebaut wird, ich bin dagegen.
Matthias Gaebler: Das ist eine Wohnraumverschlechterung für alle. Wir sind nicht dagegen, weil wir egoistisch wären und keinen neuen Wohnraum für andere wollen. Aber es gäbe kein Licht in den Wohnungen. Und hinten bei der Stadtbahnkurve bei den Feldern gibt es eine Wiese, die nicht bewirtschaftet wird. Dort könnte man sinnvoller Häuser bauen.
Erwin Bolsinger: Nachverdichtung wäre Unfug. Der Fasanenhof hatte schon einen schlechten Ruf als „Partisanenhof“. Heute sind wir einer der schönsten Vororte Stuttgarts; so viel Grün gibt es nirgendwo. Das sollte so bleiben.
Dieser schlechte Ruf – warum entstand er?
Matthias Gaebler: Die Stadt hatte Richtung Autobahn sozial Schwache einquartiert, da gab es des Öfteren Polizeieinsätze. Aber das hat sich deutlich gebessert.
Michaela Gaebler: Und wenn man sich den neuen Europaplatz anschaut: Die Wohnungen dort wurden schnell vermietet. Lage und Ruf sind gut.
Erwin Bolsinger: Wobei ich den Europaplatz nicht gut finde. Das war einmal ein schöner und freier Platz. Und jetzt ist er winzig.
Nichtsdestotrotz – wie glücklich sind sie, in diesem Stadtteil zu wohnen?
Erwin Bolsinger: Man kommt mit den Leuten hier sehr gut aus. Das sind zwar nicht die reichsten, aber dafür die nettesten Leute.
Matthias Gaebler: Die Verkehrsanbindung ist genial, mit Haltestelle zum Bahnhof, fünf Minuten zum Flughafen, gleich auf der Autobahn.
Michaela Gaebler: Und wir sehen vom Hochhaus aus, ob es Stau gibt, und fahren notfalls anders.
An die Langzeit-Bewohner: Wie hat sich der Fasanenhof verändert?
Rudolf Gaebler: Es war damals so voll, die Jungen mussten wegziehen. Die Älteren sind dageblieben. In den 70ern fuhr die Jugend noch mit den Mopeds durch den Stadtteil, ein Rudel, jeden Abend. Das ist vorbei.
Matthias Gaebler: Aber das hat sich geändert. Der Generationswechsel erfolgt.
Erwin Bolsinger: Irgendwann sind die Alten weggestorben.
Michaela Gaebler: Ja, in den letzten 20, 30 Jahren kam die Durchmischung. jetzt haben wir wieder wesentlich mehr Kinder.
Bolsinger: Hier im Hochhaus gab es früher übrigens einen Kindergarten. Dann gar keiner. Aber jetzt auf einmal sehe ich wieder Kinder.
Zum Abschluss: Was könnte man am Fasanenhof noch verbessern?
Matthias Gaebler: Ich will die U6 zum Flughafen. Aber betteln muss ich nicht mehr, das ist ja beschlossen. Problem wäre nur das Parken, nicht, dass die Reisenden hier ihr Auto abstellen.
Michaela Gaebler: Restaurants haben gefehlt, aber am Europaplatz gibt es ja ein Neues. Durch den Bürgerverein und die soziale Stadt hat sich schon viel getan.
Matthias Gaebler: Im kommunalen Arbeitskreis Filder gab es den Vorschlag, eine Grünbrücke über die Autobahn zu bauen. Das wäre noch ein Wunsch.