1955 wurde Stuttgart erstmals systematisch von oben fotografiert. Seither hat sich die Technik enorm weiterentwickelt. Und doch sind vor allem die alten Luftbilder ein wahrer Schatz - den wir nun gehoben haben.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Für die Serie "Stuttgart von oben" haben wir einen Schatz aus genau 1036 Luftbildern gehoben. 1955 ließ die Stuttgarter Stadtverwaltung erstmals das gesamte Stadtgebiet (sowie einige Nachbargemeinden) befliegen und dabei durchgängig aus der Vogelperspektive ablichten. Es war die erste systematische Befliegung des Stadtgebiets nach dem Zweiten Weltkrieg – von der 1945 durch die Alliierten veranlassten Erfassung der Kriegsschäden und Bombentrichter im Stuttgarter Talkessel einmal abgesehen.

 

Die Bilder schlummerten jahrzehntelang im Archiv der Verwaltung – bis jetzt. Das Stuttgarter Stadtmessungsamt, das einzelne Motive aus diesem Bilderschatz schon länger an Interessierte verkauft, hat uns den kompletten digitalisierten Datensatz zur Verfügung gestellt. Um die Entwicklung zu zeigen, die die Stadt seither genommen hat, kontrastieren wir die historischen Luftbilder mit Motiven, die aus der letzten Befliegung vom Frühjahr 2015 stammen. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir eine Auswahl von Motiven veröffentlichen und auch erklären, was sich in den vergangenen 60 Jahren alles verändert hat.

Auf dieser Karte zeigen wir bereits eine Auswahl von historischen und aktuellen Luftbildern.

Die historischen Bilder wurden 1955 von der Münchner Photogrammetrie GmbH angefertigt – unter enormem Aufwand. Der Aerophotograph Zeiss 21/18 erfasste die überflogene Landschaft aus dem Bauch einer Cessna heraus. Ein Exemplar findet sich im Kameramuseum im fränkischen Plech. Die Kamera sowie ein Gerät, mit dem man die Luftbilder zu einer entzerrten Landkarte zusammensetzen konnte, kosteten laut dem Sammler Kurt Tauber so viel wie drei Einfamilienhäuser.

Einzelne Motive kann man kaufen

Von schräg oben auf Städte blicken zu können, war im Krieg strategisch wichtig und dem Militär vorbehalten. Nach Kriegsende erkannte man den zivilen Nutzen der Luftbilder für die Planung und Verwaltung der Stadt. Deshalb blieb es nicht bei der Befliegung vom Herbst 1955. In immer dichterer Abfolge gab das Stadtmessungsamt neue Befliegungen in Auftrag. Auch diese Bilder können einzeln gekauft werden – und sind doch in ihrer Gänze besonders wertvoll, weil sie den Wandel der Stadt dokumentieren.

Für Spätherbst erwartet die Stadt die Bilder von der jüngsten Befliegung im April. Heute läuft das alles vollautomatisch und digital – kein Vergleich zu dem Aufwand in den Fünfzigerjahren. Und doch braucht es die alten Bilder, um den Wiederaufbau und die Modernisierung Stuttgarts nachzuvollziehen – und ebenso die Eingriffe in die Landschaft sowie den enormen Flächenverbrauch, den die ganzen neuen Wohn- und Gewerbegebiete, Industrieanlagen und Verkehrsflächen mit sich gebracht haben.


Auf dieser Karte zeigen wir eine Auswahl von historischen und aktuellen Luftbildern.