Bier brachte ihn hervor, die Liebe zur Musik lässt ihn bestehen: der Schwaben-Bräu-Singchor aus Stuttgart-Vaihingen. Wir waren für unsere Serie „Stuttgart von oben“ bei einem Treffen dabei und haben eine Hörprobe mitgebracht.

Vaihingen - Obwohl die wöchentliche Probe des Schwaben-Bräu-Singchors erst um 17.30 Uhr beginnt, trudeln um 16.30 Uhr schon die ersten Sänger ein. Jeden Montag trifft sich der 30 Mann starke Vaihinger Männerchor. Vor der Probe hört man schwäbisches Geschwätz und alle paar Minuten einen Bügelverschluss ploppen. Die Sänger sitzen zusammen am Tisch und trinken zur Einstimmung – wie sollte es anders sein – Bier von Schwaben Bräu. Später wird in dem großen Saal allerdings nicht nur gesellig beisammen gesessen, sondern gesungen.

 

Obwohl Schwaben Bräu schon seit mehr als 20 Jahren nicht mehr in Vaihingen ist und mittlerweile zu Dinkelacker gehört, bleibt der Traditionschor am Leben. „Nicht die Arbeit hat uns zusammengebracht, sondern das Singen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Rolf Keyerleber. Es ist der letzte Brauereichor in Baden-Württemberg. Wichtig sei auch das Vereinsleben. „Wir machen viele Ausflüge und haben Auftritte mit anderen Chören“, sagt der Vorsitzende Günther Harsch.

Die Frauen sind der Fanklub

„Ein Schwaben Bräu macht Durst erst schön“, klingt es durch die Kelter, mehrstimmig und aus voller Kehle. „Wir singen aber nicht nur Bierlieder“, sagt Keyerleber. Auch geistliche und weltliche Lieder seien im Repertoire. Gerade studiere man „Santiano“ von der gleichnamigen Band ein.

Bernhard Hauck ist seit zwei Jahren der Dirigent der Gruppe. Ob die Sänger ihm immer folgen? „Ja klar“, sagt er. „Es ist einfacher, mit einem Männerchor zu arbeiten, als mit einem gemischten.“ Die seien in Stuttgart eine aussterbende Gattung. Würden Frauen in den Chor aufgenommen, gäbe es aber sicherlich Proteste. Die Partnerinnen der Sänger sind aber trotzdem involviert – als Fanklub.

Die Herren sitzen bei den Proben auf gepolsterten Stühlen. Alle sind während ihrer Zeit im Chor Rentner geworden. Leonhard Hagenmeyer ist eines von sieben Gründungsmitgliedern, die noch immer dabei sind. Mit 91 Jahren ist er das älteste Chormitglied. „Mir hat das Singen schon immer Freude gemacht“, sagt Hagenmeyer, der von seinen Kollegen Leo genannt wird, und strahlt. Er hat früher als Kundendienstmonteur bei Schwaben Bräu gearbeitet und wohnt immer noch in Vaihingen.

Heute ist die Alte Kelter die Heimat des Chors

In der Brauerei wurde schon seit 1926 gesungen, der Krieg zwang den Chor allerdings zu einer längeren Pause. 1965 wurde der Sängerverein von Heinz Hobinka, einem leitenden Angestellten, wieder ins Leben gerufen. Mehr als 50 Mitarbeiter traten prompt ein. Damals wurde noch im Werk in Vaihingen geprobt, seit dem Umzug zu Dinkelacker an die Tübinger Straße im Jahr 1996 war das nicht mehr möglich. Nicht nur die Räumlichkeiten, auch den Hauptsponsor verlor der Chor damals für vier Jahre. Weil die Mitarbeiter nun extra aus der Tübinger Straße anreisen mussten, hat sich der Beginn der Proben zudem um eine halbe Stunde nach hinten verschoben.

Heute hat der Schwaben-Bräu-Chor seine Heimat in der Alten Kelter in Vaihingen und wird wieder regulär von der Brauerei gesponsort. Das auch in Form von Naturalien: 26 Kästen bekommt der Chor pro Quartal zum Freundschaftspreis. „Mit Bier trifft man manchmal die Töne noch besser“, scherzen die Sänger. Nur noch gut die Hälfte von ihnen sind ehemalige Mitarbeiter der Brauerei. „Der Chor ist offen für alle“, sagt Günther Harsch. Mit Nachwuchs sieht es zurzeit eher schlecht aus. Ans Aufhören denkt immerhin auch keiner. „Die Leute wissen, dass ihnen ohne den Chor etwas fehlen würde“, sagt Harsch.