Der Höchststand der Verbindlichkeiten bei der Stadt Stuttgart war im Jahr 1993 erreicht. Die Ölkrise sorge in den 70er-Jahren für einen starken Anstieg. Doch wie geht die aktuelle Transaktion eigentlich nun über die Bühne?

Stuttgart - Ende November wird die Landeshauptstadt die letzten Schulden für ihren Kernhaushalt an Banken zurückzahlen. Knapp 70 Jahre nach der ersten Kreditaufnahme nach dem Zweiten Weltkrieg steht sie damit bei keiner Bank mehr in der Kreide. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) und OB Fritz Kuhn (Grüne) hatten im Juli den Jahresabschuss 2017 mit einem Überschuss von geradezu sagenhaften 382,7 Millionen Euro vorgelegt und die historische Schuldentilgung vorgeschlagen. Ende November soll nun die Ablösung der letzen rund 19 Millionen Euro erfolgen. „Mit dem Geldkoffer zur Bank, das geht natürlich nicht“, sagt Jürgen Vaas, der Leiter der Stadtkämmerei. Die Transaktion wird unbar über die Bühne gehen.

 

Der Kernhaushalt der Stadt ist damit schuldenfrei, zahlreiche Tochterunternehmen haben aber ein mehr oder weniger großes Minus auf dem Konto, zum Beispiel die Stadtentwässerung oder der Abfallwirtschaftsbetrieb. Insgesamt werden die Töchter bei den Banken am Jahresende mit 367,8 Millionen Euro in den roten Zahlen stehen.

Kredite für Wohnungsbau und Technische Werke

1949 war die stark zerstörte Stadt mit den ersten Darlehensanträgen an die Banken herangetreten. Umgerechnet 9,5 Millionen Euro Kredite wurden unter dem im März 1948 gewählten parteilosen OB Arnulf Klett an die Stadt ausgereicht. Das Geld floss in die Förderung des Wohnungsbaus (eine Million), und für Werksanalgen der für die Energieversorgung zuständigen Technischen Werke Stuttgart (TWS).

Nur ein Jahr später verdoppelte sich der Schuldenstand. Für den Wiederaufbau des Katharinenhospitals wurde eine Million Euro von der Bank geholt, für den Wohnungsbau 1,5, für die TWS 7,7 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Neustrukturierung des Klinikums Stuttgart mit Neubauten vor allem auf dem Gelände des Katharinenhospitals wird bis 2028 rund 1,35 Milliarden Euro kosten.

Von 1980 bis 1985 Verdoppelung

Die Verschuldung Stuttgarts nahm in den 50er- und 60er-Jahren rapide zu. 1955 waren 39,7 Millionen Euro im Haushalt und 35,3 Millionen bei den TWS erreicht, 1960 schon 70,2 und 88,8 Millionen. Hauptsächlich floss das Geld in den Neubau von Schulen, Straßen, Brücken, in die Wohnungsbauförderung, aber auch den Messebau, den Neckarhafen und die Liederhalle. 1965 wurde die 200-Millionen-Marke überschritten, 1975, in der Zeit der Ölkrise, explodierte der Schuldenstand auf 427,7 Millionen Euro. Zwar konnten davon bis 1980 fast 100 Millionen getilgt werden, doch das war nur ein kurzes Durchschnaufen. Bis 1985 verdoppelte sich der Schuldenstand erneut, und zwar auf 702,8 Millionen Euro. 1978 wurden die Krankenhäuser gesondert gelistet (23,5 Millionen Euro), in der Folge auch weitere Tochterunternehmen.

Seit 1993 wird zurückgezahlt

In den 90er-Jahren, als die Brezeln für Gäste im Rathaus erst ihren Butter-Belag verloren und auch noch halbiert wurden, strebte die Stadt im Eiltempo zur Verschuldungs-Spitze. 1990 hatte man von Banken in der Summe 803 Millionen Euro geholt, 1993 waren es 1,146 Milliarden Euro.

Seitdem wird in kleinen Schritten zurückgezahlt. Es wurden aber auch Dienstleistungen in Eigenbetriebe ausgelagert und so der Haushalt entlastet. Die Schuldentilgung, für Kuhn „ein ganz bodenständiger Gedanke“, soll ein wenig zelebriert werden. Zwar nicht mit einem Geldkoffer, aber der historische Schritt sei ein Ereignis, das man würdigen werde, heißt es in der Stadtkämmerei.