Da hat ein Musikstudent einen tollen Uniabschluss und ist äußerst motiviert für eine Profikarriere – aber wie stellt man das an? Hier will Classicum Abhilfe schaffen. Die Stuttgarter Agentur fördert junge Musiker nach ihrem Uni-Abschluss.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - An diesem trüben Vormittag ist die Handyvideoverbindung zwischen Stuttgart-Botnang und Belgrad noch ausbaufähig: Ziemlich viele und hartnäckige Hänger in Bild und Ton beeinträchtigen die Verbindung. Etwas unsicher, aber zugleich äußerst motiviert, sitzen da vier junge Leute in einem Büro, die 1200 Kilometer östlich von hier lieber ihrer Arbeit nachgehen wollen, als per Fernschaltung Journalistenfragen zu beantworten.

 

Raus aus der Uni

Und sie haben ja auch genug zu tun, denn sie sind gewissermaßen die Leistungsträger der Agentur Classicum, die hier in Stuttgart Fuß fassen will, um möglichst bald im deutschsprachigen Raum erfolgreich zu sein. Ihr Ziel seit ihrer Gründung im Jahre 2016: Die besonders guten klassischen Musiker finden unter denen, die in absehbarer Zeit ihr Studium abschließen werden und diesen dann einen guten Weg bereiten in die Profikarriere.

Milutin Stanisavljevic, der die Geschicke von Classicum eher im Hintergrund leitet, beschreibt die Misere so: „Da kommen ganz tolle Musiker aus allen Klassikgenres aus den Unis raus, die ihr Können in der Öffentlichkeit vorstellen wollen. Und dann gibt es die vielen wunderschönen Konzertorte hier im Land als Auftrittsmöglichkeiten.“

Wie fügt man das zusammen? – Da muss man hartnäckig Werbung machen in eigener Sache, man muss Kontakte wahren, auch wenn sie zunächst nicht erfolgversprechend sind. Das funktioniert mit Worten, dazu benötigt man aussagekräftiges Werbematerial in Bild und Ton, das sich von anderen unterscheidet. Man benötigt gute Referenzen, dann braucht man viel Geduld und Ausdauer, denn nicht alle ersten Gespräche mit Veranstaltern bringen den erhofften Erfolg. Dinge, die viel Zeit und viel Geld benötigen, die der angehende Künstler so auch gar nicht hat, zumal er ja in erster Linie künstlerisch aktiv sein will. Deshalb hat Classicum für solche Aufgaben das junge Team in Belgrad engagiert, denn die Kommunikation heute kennt digital ja keine Grenzen mehr. Was zählt, sind gute, kreative Ideen.

Drei Konzerte in einem

Wie die Classicum-Künstler klingen und welche Konzertideen sie umsetzen sollen, davon gibt es an diesem Samstag, 16. November, um 19 Uhr im Weißen Saal des Neuen Schloss einen Eindruck. Da spielen zur Eröffnung zunächst die Flötistin Eszter Eva Havasi mit Dragan Ribic am Akkordeon. Es folgen der Bariton Konstantin Krimmel und die Pianistin Doriana Tchakarova mit Liedern von Robert Schumann. Abgerundet wird der Abend von dem Gitarristen Mateus Dela Fonte mit einem iberoamerikanischen Programm. In der Pause und nach dem Konzert gibt es Getränke und Häppchen, im Preis inbegriffen. Auch die Musiker stehen da für Gespräche zur Verfügung.

Das sind also im Prinzip drei Konzerte an einem Abend mit verschiedenen Klängen, Profilen und Programmen. Und dieses Bündel ist erst vollständig geschnürt mit drei solcher Konzerte, die innerhalb von drei Monaten stattfinden, diese immer am gleichen Ort. Die künstlerische Verantwortung dafür hat Antonina Krymova. Sie gestaltet die Konzertprogramme, sie leitet auch die Jury, die entscheidet, wer unter die Fittiche von Classicum kommt.

Lernen aus eigener Erfahrung

Was auf dem Weg zum professionellen klassischen Musiker erforderlich ist, welche Schritte im Einzelnen zu machen sind, wie das praktisch umgesetzt wird – das hat das Ehepaar Krymova und Stanisavljevic schon im Kleinen ausgelotet. Krymova selbst war zunächst Klavierstudentin in St. Petersburg, wechselte dann zur Orgel und zur Musikhochschule Stuttgart und ist nun schon seit vielen Jahren als klassische Musikern tätig: Sie ist konzertierend international unterwegs, nimmt an Meisterkursen und an Wettbewerben teil, weiß also aus eigener Erfahrung, was klassische Musiker benötigen und was sie umtreibt.

Damit der Rahmen stimmt, bevorzugt Classicum so repräsentative Auftrittsmöglichkeiten wie in Stuttgart das Neue Schloss. Dazu passt dann das Angebot mit regionalen Häppchen und Getränken inklusive Künstlergesprächen. Ein weiterer solche Aufführungsort wäre die Münchner Residenz. Dazu laufen bereits Verhandlungen. Denn Classicum will noch viele Künstler fördern. Und auf diese warten noch viele tolle Aufführungsorte im deutschsprachigen Raum.