Kultur: Adrienne Braun (adr)


Teresa Hubbard und Alexander Birchler, die heute zu den erfolgreichsten Videokünstlern zählen, wurden 1997 von Jeff Wall an die Solitude geholt. Marielle Mosler war bei ihrem Solitude-Aufenthalt 1994 noch weitgehend unbekannt, 1997 nahm sie an der Documente X teil und ist heute Professorin an der Stuttgarter Kunstakademie.

Auf der Solitude sind alle Disziplinen vertreten


Ob im Bereich Literatur, Bildende Kunst, Architektur, Design oder Musik, es gibt so gut wie keinen Preis, der nicht schon einmal von einem Vertreter der "Solitude-Mafia" gewonnen worden wäre. Das internationalen Beziehungen sind weit verzweigt, viele Ehemalige pflegen weiterhin den Kontakt mit Joly, der übrigens auch bei Förderprogrammen im Ausland berät, sei es in Zagreb, Novi Sad, Sofia oder Warschau.

Ein bisschen Glück hatte die Solitude, dass sie genau zu dem Zeitpunkt entstand, als "interdisziplinär" das große Modewort wurde und die Kulturinstitutionen begannen, auch über die Gattungsgrenzen hinweg zu kooperieren. Während das Künstlerhaus Bethanien in Berlin nur Ateliers anbietet oder das Künstlerdorf Schöppingen nur Autoren und Künstler einlädt, sind auf Solitude alle Disziplinen vertreten - inzwischen auch Kulturmanagement, Wissenschaft und Wirtschaft. Die kurzen Wege haben sich dabei als fruchtbar erwiesen.

Für den Standort Baden-Württemberg hat sich die Investition gelohnt, weil es auch der Solitude zu verdanken ist, dass das Ländle den Ruch der Provinzialität endlich los wurde. Die ersten Stipendiaten kamen vor allem aus Deutschland, heute ist die ganze Welt zu Gast in Stuttgart - und die meisten der jährlich rund 1700 Bewerber erfahren über Mundpropaganda von der "schwäbischen Villa Massimo". So wird Stuttgart nicht mehr allein mit Porsche und Mercedes assoziiert, sondern in Kulturkreisen auch mit der Solitude.

Auch viele Stuttgarter erhielten Stipendien


Mit elf Mitarbeitern ist sie eigentlich ein kleines Haus und "eine low-noise Institution", wie Joly sagt. Das wurde ihm gelegentlich zum Vorwurf gemacht: die Akademie mache sich in der Stadt zu wenig bemerkbar. Aber es ist keineswegs so, dass hier nur ausländische Künstler durchgefüttert würden. Viele Stuttgarter haben Stipendien erhalten, Joly engagiert sich kulturpolitisch und die Stadt profitiert unbestritten von den Impulsen der externen Stipendiaten. Allein das internationale Ensemble des Theaterhauses gäbe es ohne sie nicht: Andrej Kritenko und Felix Kama kamen beide über die Solitude nach Stuttgart.

Aber oft lässt sich der Gewinn eines Stipendiums nicht in barer Münze aufrechnen - und ist doch elementar für die künstlerische Entwicklung. So konnte Neo Rauch, damals noch ein No-Name aus dem Osten, 1990 mit einem Solitude-Stipendium erstmals nach Italien reisen. Die Solitude erinnere sie an das Internatsleben, hat die Lyrikerin Ulrike Draesner gesagt, jedoch "in einem Alter, in dem man die Vorteile solchen Lebens zu schätzen weiß".