„Verführungen“ sind selbst in der Pandemie erlaubt. So nennt Tina Trumpp ihre Fotoserie, die nun in der Leica-Galerie in Stuttgart zu sehen ist. Wir sprachen mit der Stuttgarterin über Aktfotografie und über Kunst in der Coronakrise.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Fern von Voyeurismus feiert sie die Ästhetik und Eleganz von Nacktheit: Mit weiblichem Blick auf den Frauenkörper hat sich Tina Trumpp international einen Namen gemacht. In der Königsdisziplin der von männlichen Künstlern dominierten Aktfotografie gehört sie zur ersten Liga. Die 1974 geborene Stuttgarterin freut sich, ab sofort in ihrer Heimatstadt bis zum 30. Januar 2021 einen Querschnitt ihres weichen Schaffens unter dem Titel „Verführungen“ zu präsentieren.

 

Unter den neuen Corona-Bestimmungen ist dies mit erheblichen Einschränkungen verbunden, aber immerhin ist es möglich. Museen und Ausstellungshallen sind gerade allesamt geschlossen. Wenn jedoch die gezeigten Werke verkauft werden, wird der Weg zur Kunst doch noch frei. Private Galerien fallen damit unter Einzelhandel, und der ist im Teil-Lockdown erlaubt. Voraussetzung: Jeder Kunde oder jede Kundin muss zehn Quadratmeter für sich allein haben.

Im März war sie in Salzburg in den Shutdown geraten

Die Fotografien von Tina Trumpp lassen Corona vergessen. Sie sind – voller Melancholie oft geheimnisvoll im gedämpften Licht inszeniert – eine Hymne an die Frau und an ihre Schönheit.

Verführung ist die Kunst des Andeutens, des Anregens von Fantasie. Um Anziehung geht es dabei. Kleine Hürden sind durchaus erwünscht. Allzu große Direktheit könnte die Erotik plattwalzen, noch bevor der sinnliche Zauber seine Kraft entfaltet.

Mit eben der Fotoserie „Verführungen“, die nun bei Leica an der Calwer Straße 41 zu sehen ist, war die Stuttgarterin bei einer Ausstellung im März in Salzburg in den Shutdown geraten. Sollte ihr dies ein zweites Mal nun auch in ihrer Heimatstadt passieren? Die für Donnerstagabend geplante Vernissage mit geladenen Gäste musste gestrichen werden. „Individuelle Beratungsgespräche sind erlaubt“, sagt Galerieleiter Holger Strehlow, der jedes Detail, was geht und was nicht, mit der Stadt abgesprochen hat.

Erst 2014 kam sie als Quereinsteigerin zur Fotografie

Die Coronazeit hat Tina Trumpp genutzt, wie sie sagt, „um noch mehr in ihre Online-Präsentation zu investieren“. Auch die „guten Galerien“ hätten dies mit ihren Shops getan und also das Sortiment im Netz verbessert. Auf der Homepage der Stuttgarterin kann man einen virtuellen Galerie-Rundgang unternehmen. Somit kann man nun bequem von zu Hause bestellen. „Cocooning und die damit verbundene Konzentration auf daheim liegen jetzt im Trend“, sagt die Fotografin, „somit wird mehr in die Inneneinrichtung und in das Kaufen von Kunst – gerade im hochwertigen Segment – investiert.“

Die wegen Corona notwendige Begrenzung der Teilnehmer macht nach Meinung von Tina Trumpp, einer Quereinsteigerin, die als Jazzsängerin erst 2014 als Autodidaktin zur Fotografie gekommen ist, Bilderschauen umso exklusiver – und intimer, wie passend in ihrem Fall. Da ihre Models, die sie europaweit findet und bucht, nicht reisen können, muss Tina Trumpp beim Fotografieren pausieren. Die Politik, kritisiert die 45-Jährige, lasse die Kultur „im Regen stehen“. Nicht verstehen will sie, „dass eine ganze Branche an die Wand gefahren wird“.

„Mister Trump mit einem p gehört zum verarmten Zweig der Familie“

Mit dem Republikaner, über den gerade die ganze Welt spricht, hat Tina Trumpp nichts zu tun. Auch wenn sie oft auf ihn angesprochen wird. „Der Mann, der ums Weiße Haus kämpft, gehört zum verarmten Zweig der Familie“, sagt die Fotografin, „denn er hat ja nur ein p.“

Mister Trump mit einem p aus Washington D.C. ist ein Macho mit frauenfeindlichem Wortschatz. Sein regelmäßig aufflammender Sexismus führt zurück in finstere Zeiten, als sich Männer den Frauen haushoch überlegen fühlten. Frau Trumpp mit zwei p aus Stuttgart verneigt sich mit ihren Arbeiten vor dem schwachen Geschlecht. Das Corona-Virus bremst viel – nicht aber, wie schön, die Kunst der Verführung.

Die Bilderschau „Verführungen“ kann zu den normalen Öffnungszeiten des Leica Store, Calwer Straße 41, vom 6. November 2020 bis zum 30. Januar 2021 montags von 10 bis 19 Uhr sowie samstags von 10 bis 18 Uhr besucht werden. Weitere Infos unter www.tinatrumpp.com