Bis zum Jahr 2030 droht ein Mangel an Pflegeheimplätzen. Deshalb hat die Stadt Stuttgart erneut erhoben, wo neue Altenheime gebaut werden könnten. Das sind mehr als bisher bekannt – gebaut sind sie damit aber noch längst nicht.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Schon jetzt gibt es in manchen Altenpflegeheimen für freie Plätze länger werdende Wartelisten. Diese Lage wird sich in den nächsten Jahren wegen des demografischen Wandels verschärfen. Nun hat die Stadt einen weiteren Suchlauf nach potenziellen Baustandorten für Altenpflegeheime vorgenommen. Dabei hat man Flächen für 1955 Heimplätze ausgemacht. Einstweilen gibt es die allermeisten von diesen aber nur auf dem Papier.

 

Alle zwei Jahre macht sich die Stadt auf die Suche nach möglichen Baustandorten für Heime. Mit gutem Grund: Nach Berechnungen fehlen bis zum Jahr 2030 in Stuttgart rund 2050 Langzeitpflegeplätze. Statt der vorhandenen 5117 stationären Pflegeheimplätze werden dann 6850 benötigt. Dazu werden weitere gut 300 Plätze gebraucht, weil Zweibettzimmer durch Einbettzimmer ersetzt werden müssen.

Alle zwei Jahr geht die Stadt auf Standortsuche

Der dritte Standortsuchlauf war nun deutlich erfolgreicher als die beiden Vorgänger. Im Jahr 2016 hatte man elf potenzielle Grundstücke mit etwa 290 Plätzen identifiziert, 2018 waren es 31 Grundstücke mit fast 980 Pflegeplätzen. Dieses Mal hat man 50 mögliche Baugrundstücke mit nahezu 2000 Plätzen gefunden. Wenn diese Potenziale alle realisiert werden könnten, wäre eine nahezu komplette Deckung des künftigen Bedarfs erreicht.

Aber die Verwaltung räumt selbst ein, dass es sich um „Best-Case-Angaben“ handle, dass der tatsächlichen Umsetzung einiges entgegenstünde. So gehören nur 18 der Grundstücke der Stadt. Bei den anderen haben die Eigentümer bei der künftigen Nutzung ein Wort mitzureden. Auf vier Flächen seien die Projekte praktisch im Bau, bei sechs Grundstücken sei die Baugenehmigung „kurzfristig zu erwarten“. Bei 21 der Objekte sei aber erst mittelfristig (2023 bis 2025) eine Baugenehmigung wahrscheinlich, bei 19 der Flächen erst langfristig in den Jahren 2026 bis 2030. Ein großer Teil des Potenzials liegt in Mitte. Auch im Bereich Neckar könne der Platzbedarf „potenziell bis zum Jahr 2030 gedeckt werden“, erklärt die Stadt. In den Bezirken Filder und Nord sei aber auch danach „selbst bei der Umsetzung aller Potenziale nach 2030 noch mit einem Fehlbedarf zu rechnen“.

Die Heimträger erwarten weitere Schritte

Die derzeitige Lage in den Heimen sei noch sehr von der Coronapandemie geprägt, sagt Ingrid Hastedt, die Geschäftsführerin des Wohlfahrtswerks und Vorsitzende des Stuttgarter Trägerforums Altenhilfe. So sei die Nachfrage in der Kurzzeitpflege, da die Familien weniger in den Urlaub führen, etwas geringer als vor Beginn der Pandemie. Aber der Druck werde sich danach weiter aufbauen. „Die Prognosen werden eintreten, wie die früheren auch“, so Hastedt. Sie hofft, dass das Thema den ihm gebührenden Stellenwert bekomme. Ex-OB Fritz Kuhn (Grüne) habe sich dessen erst kurz vor seinem Ausscheiden angenommen und einen Pflegegipfel veranstaltet. „Das war ein guter erster Schritt“, sagt Ingrid Hastedt. „Dem müssen weitere Schritte folgen.“ Die Heimträger hoffen, dass OB Frank Nopper (CDU) den Pflegeplatzmangel bald auf seine Prioritätenliste nehmen wird.

Auch Bernhard Schneider, der Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung, ist dieser Auffassung: „Wer eine gute soziale und pflegerische Infrastruktur will, muss bei Entscheidungen zur Vergabe und Bebaubarkeit von Grundstücken die Prioritäten setzen.“