Drei Wochen lang hat das Stuttgarter Ballett sein fünfzigjähriges Bestehen gefeiert. Jetzt heißt es, nach vorne zu blicken.

Stuttgart - Wenn nicht alles täuscht, scheint der Februar im festlichen Stuttgarter Opernhaus mit seinem wunderbar eleganten Säulenfoyer ein einziger Partymonat gewesen zu sein. Hinten links beim angestammten Stehtisch des Ballettintendanten Reid Anderson und seines Lebensgefährten Dieter Gräfe stand in den Pausen nicht nur immer mindestens eine Flasche Weißwein bereit, hier traf sich die Szene: Tänzer, Ballettmeister, ehemalige Mitarbeiter umringten plaudernd den Tisch; selbst der 89-jährige Fritz Höver, obwohl inzwischen auf einen Rollstuhl angewiesen, war gekommen und blinzelte charmant. Höver hatte 45Jahre lang die von ihm gegründete Noverre-Gesellschaft geleitet.

 

Und auf den Bühnen des Opernhauses glänzten drei Gastkompanien aus Amsterdam, Hamburg und Antwerpen; Freunde wie der Hamburger Ballettchef John Neumeier, Jirâ KyliÖn, William Forsythe - alles Gewächse der Stuttgarter Truppe - ließen sich bei einer Gala, die bis weit nach Mitternacht dauerte, feiern. Ebenso die Ikonen, auf denen noch Crankos Genieblick geruht hatte: die ehemaligen Solotänzer Marcia Haydée, Richard Cragun, Birgit Keil und Egon Madsen sowie rund zweihundert frühere Mitglieder der Kompanie, die der Einladung zu einem Alumnitreffen gefolgt waren und aus vielen Ländern den Weg hergefunden hatten.

Nun ist der Vorhang über dem Festtagsreigen gefallen, die Elogen, die Superlative, die Klatschorgien des hiesigen treuen Publikums sind verklungen, und die berechtigte Frage darf gestellt werden: Was bleibt, was wird? Die Bilanz könnte Rückschlüsse auf die Zukunft liefern. Denn von außen - das muss der Lokalpatriot schmerzlich feststellen - erblicken nicht alle als Gold, was als Kolophonium hier an den Spitzenschuhen klebt. Die Gala selbst wurde von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zum Anlass genommen, kritisch unter der zweideutigen Überschrift "Das verjubelte Erbe" anzumerken: "Es kann nicht sein, dass eine Institution so weit herabsinkt wie das Stuttgarter Ballett insgesamt, beispielhaft vorgeführt an diesem endlosen Abend der Unter-Mittelmäßigkeiten und peinlichen Ausrutscher."