Die Stuttgarter CDU-Fraktion hat ihren Vorstand neu gewählt. Die bisherigen Vizefraktionschefs wurden durch Vertraute des Fraktionsvorsitzenden Alexander Kotz ersetzt. Und damit ist es mit der Geschlossenheit schon wieder vorbei.

Stuttgart - Drei Monate nach ihrem Comeback als stärkste Gemeinderatsfraktion ist bei der CDU schon wieder ein handfester Streit um Posten, Pöstchen und Positionen ausgebrochen. Von einer strategischen inhaltlichen Grundausrichtung, bemängeln parteiinterne Kritiker, sei die Fraktion dagegen weit entfernt.

 

Anlass für den erneuten Ausbruch der internen Querelen war die Wahl des Fraktionsvorstandes am gestrigen Donnerstag. Schon im Vorfeld soll sich der bereits einstimmig wiedergewählte Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz trotz der Steigerung von 15 auf 17 Stadtratssitze bei der Kommunalwahl für eine Reduzierung von drei auf zwei Stellvertreterposten ausgesprochen haben. Kotz habe auch durchblicken lassen, wen er sich als künftige Vizes wünsche, nämlich die beiden Cannstatter Philipp Hill und Beate Bulle-Schmid. Die Fraktion folgte dem Votum des Vorsitzenden gestern auch mehrheitlich.

Bisherige Fraktionsvizes werden abserviert

Der Vorschlag von Kotz kann durchaus als Misstrauensvotum gegen die bisherigen Stellvertreter Jürgen Sauer, Fred-Jürgen Stradinger und Iris Ripsam gewertet werden. Alle drei haben sich in der Vergangenheit gelegentlich eine eigene Meinung zu Themen und Personal geleistet, auch wenn sie nicht deckungsgleich mit der Meinung des Fraktionsvorsitzenden und seiner Entourage war. Insbesondere Iris Ripsam galt seit ihrem Rückzug vom Fraktionsvorsitz nach der verlorenen Kommunalwahl 2009 manchen in der Partei als unsichere Kantonistin. Mehrfach muckte sie gegen den Kurs des Fraktionschefs und des CDU-Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann auf, etwa bei der Auswahl des von der CDU nominierten parteilosen OB-Kandidaten Sebastian Turner 2012.

Doch spätestens seit der auch für die Stuttgarter Kreispartei erfolgreichen Bundestagswahl im vergangenen Herbst schienen sich die Wogen geglättet zu haben. Zwar verlor Ripsam mittlerweile auch ihr Amt als stellvertretende Kreisvorsitzende, war allerdings zuletzt keineswegs mehr als Chefkritikerin der Partei- und Fraktionsspitze in Erscheinung getreten, Umso verwunderlicher mutet es nun an, dass ausgerechnet die Stadträtin aus Möhringen, die auf den Kommunalwahlplakaten der CDU neben dem Fraktionschef noch für das Spitzenteam der Christdemokraten posieren durfte und das zweitbeste Stimmenergebnis nach Kotz für ihre Partei eingefahren hat, nun „aus dem Amt gedrängt wurde“, wie es einer ihrer Unterstützer formuliert. Damit nicht genug: auch das Amt der bildungspolitischen Sprecherin im Verwaltungsausschuss ist sie los, darf stattdessen jetzt in den Jugendhilfeausschuss. Ripsam selbst wollte sich gegenüber der StZ nicht äußern. Kotz erklärte nach der Wahl, er baue weiter auf „das gemeinsame Wirken der Fraktion für eine gute CDU-Politk im Rathaus“.

Bezirksvorsteherin Andrea Krueger gibt ihr Amt auf

Dass nun mit der bisher eher unauffälligen Stadträtin Beate Bulle-Schmid und dem ausgewiesenen Konservativen Philipp Hill gleich zwei Vertraute von Kotz die Stellvertreterposten übernehmen, halten parteiinterne Kritiker für taktisch höchst unklug. Vor allem Hill, in verkehrs- und umweltpolitischen Fragen ein ausgesprochener Hardliner, gilt zudem als Hindernis für die angestrebte Verbesserung der Beziehung zur künftig zweitstärksten Ratsfraktion der Grünen. Es sei keine Strategie erkennbar, wie die CDU, die trotz ihres Wahlsiegs im Rat keine Mehrheit hinter sich hat, ihre Themen durchbringen wolle, heißt es in- und außerhalb der Fraktion.

Ein entstandenes personelles Vakuum an anderer Stelle hat die Partei rasch gefüllt. Überraschend hat die langjährige Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Nord und frühere CDU-Landtagsabgeordnete, Andrea Krueger, ihren Rückzug und den Abschied von allen politischen Ämtern angekündigt. Ersetzt werden soll sie durch Sabine Mezger: Die Kurzzeitstadträtin, nachgerückt für die ausgeschiedene Kollegin Ursula Pfau, stammt aus dem Stadtbezirk und hat Zeit: Sie war bei der Kommunalwahl im März nicht wiedergewählt worden.

Am Wochenende bricht die CDU-Fraktion zu einer Klausurtagung an den Bodensee auf. Das Treffen soll nach StZ-Informationen unter anderem dazu dienen, um Stärken und Schwächen der Fraktionsmitglieder von einem eigens engagierten professionellen Coach analysieren zu lassen. Nach der gestrigen Fraktionssitzung, bei der die Vorzüge und Defizite innerhalb der CDU bereits deutlich geworden seien, wäre „eher ein professioneller Mediator gefragt“, spottet ein Christdemokrat.