Stuttgart - Die Fraktionsvorsitzenden im Stuttgarter Gemeinderat werden nicht müde, die Stadt und private Investoren aufzufordern, mehr Wohnungen zu bauen. Vor allem beim geförderten Mietwohnungsbau hat die Verwaltung die Zusagen nicht erfüllt. Sie verweist stets auf die großen Potenziale, die im Rosensteinviertel, im Neckarpark oder sogar auf dem EnBW-Gelände an der B 10 im Osten schlummern – aber erst in einigen Jahren baureif werden.
Die CDU hat sich, anders als SPD und Grüne, bislang kaum für den Mietwohnungsbau stark gemacht. Fraktionschef Alexander Kotz treibt das Thema dennoch um. Er hat nun keine Lust mehr, gegenüber den mehr als 4000 Bürgern in der Notfallkartei mehrjährige Wartezeiten zu verkünden, weil in dieser Stadt viel versprochen, aber zu wenig gebaut wird. Er kündigt deshalb eine Turbo-Wohnraumoffensive nach seinen Vorstellungen an, ohne dafür bereits genügend Erkenntnisse über die Realisierungschancen gesammelt oder gar Verbündete gesucht zu haben: hochwertige Wohngebäude in Modulbauweise für fünf oder zehn Jahre, so schnell wie möglich, so günstig wie nötig, auf Brachflächen oder der grünen Wiese. Diese Gebäude sollen die Zeit bis zur Aufsiedlung der großen Gebiete überbrücken. Danach können sie weiterverkauft werden.
Wohnungsmarktanalyse sieht weiterhin Bedarf
Nötig wird weiterer Wohnraum auf absehbare Zeit allemal, so viel hat er der von OB Frank Nopper (CDU) in Auftrag gegebenen Analyse entnommen. Für künftige Entwicklungen werde man mit solchen binnen 18 Wochen geplanten, industriell vorgefertigten und erstellten Gebäuden gut aufgestellt sein, so Kotz. Er setzt auch ein politisches Zeichen in die Partei und ins Rathaus hinein: Auf einen Aufschlag Nopper zu warten, empfindet er offenbar als Zeitverschwendung.
Land und Stadt Stuttgart planen eine Interimsoper, und das Klinikum hat sein Haus N binnen sechs Monaten zusammenstecken lassen. Die Firma Cadolto aus Cadolzburg bei Nürnberg, die sich bei der Erstellung komplexer Gebäude in modularer Bauweise als führenden Spezialisten bezeichnet, ist dafür verantwortlich gewesen. Und ihr Marketing-Chef Peter Scheifele lässt keinen Zweifel daran, bei der schnellen Lösung von Wohnungsproblemen helfen zu können, sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Bauen ist demnach das geringste Problem. Und günstig ist es auch: Überschlägig sei mit etwa 2000 Euro pro Quadratmeter zu rechnen – ein Nasenwasser im Vergleich zu den Kosten für Gebäude, „die wir seit 1000 Jahren Stein auf Stein für die Ewigkeit bauen“, wie Mietervereinschef Rolf Gaßmann feststellt. Und die immer teurer würden, künftig etwa durch die Solardachpflicht.
Kotz holt Parteifreundin Razavi ins Boot
Kotz sieht nicht ein, dass Flüchtlingsheime ohne bürokratische Hürden gebaut werden können, nicht aber Wohnungen. Für die Vorschriften sind Bund und Land zuständig. Kotz hat sich deshalb mit der Wohnungsbauministerin Nicole Razavi verabredet. Am Geld würde die Offensive nicht scheitern. Der CDU-Chef hat daran mitgewirkt, dafür 150 Millionen Euro zu bunkern.