Das Land denkt darüber nach, die Maskenpflicht beim Tanzen in Clubs nun doch zu streichen. Damit reagiert das Gesundheitsministerium auf einen neuen Vorschlag des Stuttgarter Club Kollektivs.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart -

 

Als „sinnfrei“ bezeichnet Colyn Heinze vom Club Kollektiv, was er am Montag in der neuen Corona-Verordnung zur Rückkehr des Nachtlebens gelesen hat. Die Landesregierung von Baden-Württemberg habe sich als Vorreiter in Deutschland gefeiert und neue Freiheiten versprochen, die beim Betrachten der Details aber schnell verschwinden würden, bemerkte er.

An die Adresse des Landes wandte sich der enttäuschte Heinze noch am Vormittag mit Sarkasmus in der Stimme: „Sie haben den Clubs die teuren PCR-Tests vorgeschrieben, nur für Kultur und Gastronomie nicht. Damit sollte der Impfanreiz bei jungen Menschen hoch gesetzt werden. Die Folge ist, dass nur etwa zehn Prozent der Clubs in Stuttgart aufmachen. Ihr Ziel haben Sie klar verfehlt!“

Die Clubs können wieder hoffen

Zu dieser Zeit konnte Colyn Heinze nicht ahnen, dass sich das Land – wie zuvor bei der Rücknahme der PCR-Testpflicht für die Kultur – bewegt und auch in dieser Sache über die Folgen der seit Montag geltenden Corona-Regeln erneut nachdenkt. Ja, die Maskenpflicht in Innenräumen ist bei Wegfall der Inzidenzgrenzen beschlossen. Doch nun, kündigt Claudia Krüger, die Sprecherin des Sozialministeriums, an, werde man prüfen, ob man die Maskenpflicht beim Clubben zu den „Ausnahmetatbeständen“ einreiht.

Die Clubs können also wieder hoffen. Dass es am Montag zu einem Umdenken in den Ministerien gekommen ist, geht auf einen Vorschlag aus ihren Reihen zurück. Im Gespräch mit unserer Zeitung hatten Colyn Heinze und Alexander Scholz vom Club Kollektiv vorgeschlagen, auf die 2-G-Regel zu setzen, also nur Geimpften und Genesenen den Zutritt in Clubs zu gewähren. Obendrein sei man bereit, die Auslastung runterzufahren. Im Gegenzug müsse aber die Maskenpflicht beim Tanzen wegfallen. Nur dann sei nach 17-monatiger Schließung wirtschaftliches Arbeiten möglich.

Land will die Maskenpflicht in Clubs „neue bewerten“

Unsere Redaktion hat die Idee des Kollektivs umgehend ins Sozialministerium getragen. Dort reagiert man erfreut. Der Vorschlag mit der 2-G-Regel „ist bei uns auf Interesse gestoßen“, erklärt Pressesprecherin Claudia Krüger und fährt fort: „Wir werden den Clubs für diese Woche noch Gespräche anbieten und sind zuversichtlich, dass wir hier zu einer sicheren, guten Lösung kommen.“ An diesem Dienstag sollen „Erläuterungen zu den Ausnahmetatbeständen“ bei der neuen Corona-Verordnung veröffentlicht werden. „Unter infektiologischer Sicht“ werde man die Sache „ noch einmal bewerten“. Die PCR-Tests seien ja bereits eine verschärfte Maßnahme wie auch eine „potenzielle 2-G-Regel“. Deshalb könnte „hier juristisch ein Ausnahmetatbestand in Frage kommen“, sagt Claudia Krüger, die Sprecherin von Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne).

Dass nun Bewegung bei den zunächst geplanten und vielfach abgesagten Club-Öffnungen kommt, erfreut Alexander Scholz, den Chef des Perkins Park. „Das hört sich gut an“, sagt er zu den jüngsten Mitteilungen aus dem Ministerium. Kein Mensch wolle mit Maske tanzen. „Dann bleibt man lieber daheim oder feiert womöglich privat.“ So viele Aufpasser könne er im Park gar nicht einstellen, um zu verhindern, „dass morgens um 3 Uhr jemand die Maske abzieht“. Eigentlich sollte der Perkins Park vorerst geschlossen bleiben. Nun aber werden mit Spannung die Gespräche mit den Behörden erwartet.

Climax Institutes eröffnet erst im Oktober

„Masken ins Clubs werden vom Publikum nicht akzeptiert“, sagt Michael Gottschalk, der Chef von Climax Institutes. Daher sei es wichtig, zu einem Konsens zu kommen, „wir müssen uns annähern, um eine Nullnummer zu verhindern“, sagt er. Für seinen Club lässt er gerade eine Lüftungsanlage einbauen, weshalb er – egal, ob es eine Einigung mit dem Ministerium gibt – erst im Oktober zum 25-Jahr-Jubiläum wieder öffnen will.

Zu den Clubs, die an diesem Wochenende aufmachen, zählen das Kowalski beim Hauptbahnhof und das Mica am Kronprinzplatz. Tome Tarun Aulick erklärt für Fridas Pier:„Wir haben diese Woche die Gin-Messe und werden uns ganz in Ruhe entscheiden, wie’s weitergeht, sobald Näheres aus den Gesprächen mit dem Ministerium bekannt ist.“

Sebastian Simon vom Club Lehmann versteht nicht, warum private Feiern mit bis zu 1000 Gästen, etwa bei einer Hochzeit, erlaubt sind, aber man bei Clubs so streng sei. „Für das Infektionsgeschehen ergibt das keinen Sinn“, findet er.