Die Egon-Forever-Fans schätzen die Momente purer Wahrheit dieser Cartons. Andre Lux, 1983 in Nagold geboren, übte sich schon als Schüler im Kritzeln der Strichmännchen, die nun auch New York erobern.

Stuttgart - Dass es ein denkwürdiges Treffen werden würde, war schon vorab klar. Als der Autor dieses Textes zu Recherchezwecken die Homepage des Künstlers besuchte, staunte er nicht schlecht: Der Mann hat dieselbe Adresse wie er, wohnt also im selben Haus. „Ah, danke, jetzt weiß ich, was ich noch aktualisieren muss! Bin da erst vor zwei Jahren ausgezogen!“, erzählt der Comic-Zeichner dann im Gespräch. Das ist Andre Lux.

 

Mittlerweile lebt der 35-Jährige in Bad Cannstatt. Seine Comicstrips, Strichmännchen mit großen Augen, kritzelt er auf kariertes Papier. Vertut er sich, kommt Tipp-Ex drüber. Das sieht man dann auch, wenn die Comics in Satiremagazinen wie „Titanic“ und „Eulenspiegel“ erscheinen. Lux ist der Punk unter den Cartoonisten. So abgefahren wie sein Stil ist auch sein Humor.

Damals war Hugo Egon Balder allen ein Begriff

„Schon erstaunlich, wie wenig Spaß das macht“, denkt etwa eine Figur aus seinem jüngst erschienenen Buch „Egon Forever! Rettet die Welt“. Sie wurde von ihren Freunden in eine Kletterhalle mitgeschleppt und kommt zum Entschluss: „Ich glaub‘ ich piss mich gleich absichtlich ein, dann kann ich früher nach Hause.“ Das sind die „Egon Forever“-Momente. Momente purer Wahrheit, die die Fans lieben.

Doch fangen wir vorne an: Warum firmieren seine Werke eigentlich unter dem Namen „Egon Forever“? Angefangen hat er ja schon als kleiner Bub im Schwarzwald. In Effringen, einer Teilgemeinde Wildbergs. Landkreis Calw. Sein Nebensitzer krakelte ebenfalls Comic-Figuren und nannte sie „Hugo“. Damals war ein gewisser Hugo Egon Balder auch Schulkindern ein Begriff. Also wählte Lux den Namen „Egon“.

Lux‘ Herkunft merkt man den Gags mitunter an. Seine Figuren verwenden auch mal Schwabizismen wie „bissle“ oder „gell“ oder „Borleck!“ - also so wie in „Boa, leck‘ mich am Ärmel, schmeckt das gut!“. Der Stuttgarter Kaffeemacher „Schwarzmahler“ hat deshalb seit Kurzem den „Borleck!“-Kaffee im Angebot.

Doch „Egon Forever“-Cartoons kommen auch außerhalb vom Ländle gut an. Aus Neugier hat Lux seine Werke in kleiner Auflage auf Englisch herausgegeben und persönlich in New Yorker Comic-Läden beworben. Jeder hat ihm ein paar Exemplare abgenommen. Ein zufriedener amerikanischer Käufer schrieb ihm eine E-Mail, in der er nicht nur die Gags, sondern bemerkenswerterweise vor allem die Druckqualität lobte. Lux ist also ein internationales Aushängeschild schwäbischer Wertarbeit.

Er ist ausgebildeter Jugend- und Heimerzieher

Dass man in den USA nicht so sehr auf die Form, sondern vielmehr auf die Pointe achte, erzählt Andre Lux mit großer Genugtuung. Wenn man ihn fragt, ob er auch anders zeichnen könne, sagt er: „Hä? Wie? Anders? Das ist doch schon fotorealistisch!“ Auch hier wieder die Punk-Attitüde: So wie man gute Songs mit nur fünf Akkorden schreiben kann, kann man eben auch gute Witze mit nur fünf Strichen machen. Musik macht er hin und wieder auch. Er spielte in verschiedenen Bands, mal am Schlagzeug, mal an der Gitarre, mal am Bass. Fast immer laut.

Der VfB-Dauerkartenbesitzer hat aber noch eine andere Seite: In Tübingen zum Jugend- und Heimerzieher ausgebildet, arbeitet Lux heute an einer Stuttgarter Grundschule. Sitzt man mit ihm unter der Markise eines Straßencafés, grüßen ihn passierende Eltern und Kinder. Diese Arbeit scheint ihm noch mehr Freude zu bereiten als seine Kunst: „Ich kann mir derzeit nicht vorstellen, etwas anderes zu machen“, schwärmt er und macht Werbung: „Viele Leute verpassen echt was, wenn sie nicht mal in so einem Job gearbeitet haben. Damit kann man vielleicht nicht hausieren gehen, aber ihr kriegt genauso viel Geld wie in irgendeiner scheinbar hippen Agentur, habt ‘ne geile Zeit und macht was Gutes, was Sinnvolles.“ Für die Kinder ist er garantiert ein großer Gewinn.

Und wie kommt so ein umtriebiger Typ zur Ruhe? Wobei kann er entspannen? Er vertreibt Jutebeutel mit dem Schriftzug „I Pommes myself“, die man online oder im Stuttgarter Superjuju bekommen kann. Lux: „Ich mach die Scheißdinger ja selber! Siebdruck macht unfassbar viel Spaß, kann ich nur empfehlen. Das ist mein Yoga. Isch aber ‘ne Megasauerei.“

Ach ja, vor dem Abschied muss man ihn natürlich noch damit konfrontieren: Dank eines kleinen Wochenendberichts, den Lux für diese Zeitung geschrieben hat, ist bekannt, dass er sein Glück hin und wieder an Spielautomaten versucht. Allerdings nur mit Kleinstbeträgen. Zwei Euro. „Ich hab schon geguckt“, sagt er und zeigt in eine der dunkleren Ecken des Cafés: „Eine von den drei Mühlen ist frei, die können wir nachher noch fegen!“ Und das hat man dann auch getan. Das soll jetzt keine Glücksspielverherrlichung sein - aber gelohnt hat es sich.