Wenn gesunde Kinder wieder zurück ins Olgäle wollen, liegt das manchmal an ihm: Radoslaw Pallarz organisiert klassische Konzerte in dem Kinderkrankenhaus. Dafür ist er als Stuttgarter des Jahres ausgezeichnet worden.

Stuttgart - So gnadenlos kann Ehrenamt sein. Radoslaw Pallarz steht jeden Morgen um fünf Uhr auf. Lange, bevor der Wecker seiner Frau klingelt und seine beiden Kinder aufwachen. Wenn es draußen noch dunkel ist, sitzt er am Schreibtisch und organisiert die Kinderkonzerte im Olgäle. Das mag sich zunächst nicht besonders aufwendig anhören, doch wer weiß, welche Künstler in der Kinderklinik auftreten und welcher Anspruch dahintersteht, der hat eine andere Meinung.

 

Einmal im Monat, immer sonntags um 10.30 Uhr, füllt sich der große Empfangssaal rund um die Arche des neuen Olgäle mit kranken und gesunden Kindern und deren Eltern. Bei den Konzerten treten Künstler und Musiker des Collegium Iuvenum, des Radio-Sinfonieorchesters, der Musikhochschule, des SWR-Vokalensembles und andere auf. Keiner bekommt Geld, alle machen das in ihrer Freizeit. Die Überzeugungsarbeit dafür leistet Radoslaw Pallarz.

Der Chef hat ihn für den Preis vorgeschlagen

Auch die Jury der Aktion „Stuttgarter des Jahres“ hat der 41-jährigen Heslacher überzeugt. Initiiert hat das Oliver Hommel, denn die Aktion funktioniert nach dem Patenprinzip. Aus mehr als 150 Vorschlägen hat die Jury Radoslaw Pallarz zu einem der zehn Preisträger erklärt, die am 23. März in den Wagenhallen gekürt worden sind. Die Stuttgarter Versicherungsgruppe und die Stuttgarter Zeitung hatten den Preis ausgelobt, der mit je 3000 Euro dotiert ist.

Oliver Hommel, der den Vorschlag gemacht hat, sagt: „Die Konzerte sind unvergesslich und beeindruckend. Radoslaw Pallarz ist so zurückhaltend und sagt, dass das für ihn alles selbstverständlich sei. Aber das ist auf jeden Fall eine Anerkennung wert.“

Pallarz ist davon überzeugt, dass Musik allen gut tut

Dass ausgerechnet Oliver Hommel ihn vorgeschlagen hat, freut Radoslaw Pallarz besonders. Beide arbeiten im Olgäle. Trotzdem oder gerade deshalb versucht Radoslaw Pallarz, seine Arbeit und die Kinderkonzerte zu trennen. Hommel ist pflegerischer Zentrumsleiter, und Radoslaw Pallarz ist der pflegerische Stationsleiter der Abteilung Neurologie, Psychosomatik und Schmerztherapie. Hier werden Kinder und Jugendliche mit chronischen Schmerzen behandelt. Radoslaw Pallarz führt mit vielen Patienten Musiktherapien durch. Instrumente und Kompositionen sind sein Thema. Er ist davon überzeugt, dass Musik Jungen und Alten, Kranken und Gesunden guttut. „Zu den Kinderkonzerten sollen erst recht auch Familien mit gesunden Kindern kommen, denn das hilft den Kindern, die hier behandelt werden“, sagt Pallarz, der 2010 das erste Kinderkonzert veranstaltete.

„Ich freue mich immer, wenn sich Eltern nach den Konzerten melden“, sagt Pallarz, der sich gut an einen Fall erinnert: Ein Kind musste wegen Verbrühungen über Monate im Olgäle bleiben und ist gerne zu den Kinderkonzerten gegangen. Als das Kind wieder zu Hause war, hat es seine Eltern gefragt, wann es mal wieder ins Olgäle dürfe. „Dafür lohnt es sich, um fünf Uhr morgens aufzustehen“, sagt Pallarz.

Vom Mixtape-Spezialisten zum klassischen Komponisten

Manchmal werden bei den Konzerten auch seine Kompositionen aufgeführt. Am liebsten beschäftigt er sich mit überlieferten Texten und Inschriften der Antike und mit traditionellen Kindermärchen. Zuletzt hat er an einer Vertonung von Versen gearbeitet, die bei einem großen Familiengottesdienst am Kirchentag in Stuttgart aufgeführt wird. Noch am Anfang befindet sich die Arbeit für seine Oper „Tutanchamun – Der junge Pharao“. Dass Musik eine so wichtige Rolle in seinem Leben spielen würde, war in seiner Kindheit nicht abzusehen. Geboren in Oberschlesien, kam er im Alter von zwölf Jahren nach Deutschland und ging in ein Internat für Spätaussiedler. „Ich musste einen längeren Weg gehen“, sagt Radoslaw Pallarz, der nach der Schule eine Ausbildung zum Kinderkrankenpfleger machte. Heute verbindet er, was ihm Spaß macht: die Arbeit mit Kindern und die Musik.