Auf dem Effizienzgipfel der Universität Stuttgart beratschlagen Experten, wie die Industrie noch sparsamer werden kann. Der Wille bei den Unternehmen ist vorhanden – aber die Ergebnisse sind noch ausbaufähig.

Stuttgart - Experten und Politiker sind sich einig: Ohne Steigerung der Energieeffizienz kann es keine Energiewende geben. Doch das Bemühen, Strom, Gas, Öl und andere Energieträger effektiver als bisher zu nutzen, kommt nur mühsam voran – im privaten Bereich etwa bei der Gebäudesanierung wie auch in der Industrie. Immerhin erkennen immer mehr Unternehmen, dass sich mit effizienteren Produktionsprozessen auf die Dauer ordentlich Geld sparen lässt. Das zeigt auch der Effizienzindex, den das Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart zum zweiten Mal berechnet. Institutschef Thomas Bauernhansl hat ihn jetzt auf dem zweiten Stuttgarter Effizienzgipfel im Porschemuseum einem Fachpublikum aus Industrie, Politik und Wissenschaft vorgestellt.

 

Im Vergleich zur ersten Erhebung im vergangenen Dezember hat der Anteil der Investitionen in die Energieeffizienz an den Gesamtinvestitionen teilweise deutlich zugenommen. Erheblich gestiegen ist auch die Zahl der Unternehmen, die mehr als zehn Prozent ihrer Energie einsparen wollen: Im Vergleich zu den 4,2 Prozent im Dezember haben sich nun immerhin 18,5 Prozent dieses ambitionierte Ziel gesetzt. Allerdings halten fast 65 Prozent der Unternehmen nicht allzu viel vom Energiesparen – sie wollen höchstens fünf Prozent weniger Energie verbrauchen. Doch auch hier gibt es einen positiven Trend: Im Dezember fielen noch 79 Prozent in diese Kategorie. Interessant ist, dass für immerhin 35 Prozent der befragten Unternehmen die Energieeffizienz der Hauptgrund für Investitionen und kein Nebeneffekt bei Neubeschaffungen ist.

Die Ziele der Bundesregierung sind nicht in Reichweite

Die bisherigen Bemühungen sind allerdings viel zu gering, um die Effizienzziele der Bundesregierung zu erreichen. Zu diesem Schluss kommt eine vom EEP durchgeführte Metastudie, für die mehr als 250 Fachpublikationen ausgewertet wurden. Vor allem bleibe die hohe Rentabilität von Effizienzmaßnahmen im Industriesektor bisher ungenutzt, so referierte Bauernhansl eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie. Dazu zählen zum Beispiel ein viel geringerer Stromverbrauch etwa durch energieeffizientere Pumpen sowie der sinnvollere Einsatz von Brennstoffen. So kann die Abwärme zum Beispiel zur Stromproduktion genutzt werden. Auch der sparsamere und optimierte Einsatz von Material birgt beachtliche Einsparpotenziale.

So ist zum Beispiel das Lackieren von Autos sehr energieaufwendig, zudem geht viel Lack verloren. Eine Forschungsprojekt des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) zeigte, dass sich mit einer zielgenauen Mikrodosierung der Lacktröpfchen bis zu 60 Prozent der Materialmenge einsparen lässt. Auch bei der Trocknung der Lacke lässt sich mit einer energieeffizienteren Abluftreinigung sowie der Optimierung weiterer Produktionsschritte viel Energie sparen. Wie sinnvoll sich die bei Industrieprozessen entstehende Abwärme nutzen lässt, zeigt auch der energieeffiziente Produktionsneubau des Unternehmens EBM-Papst in Mulfingen: Für nur 60 000 Euro Mehrkosten wurden die Energiekosten für Heizung, Kühlung und Lüftung um 91 Prozent gesenkt, sagte Bauernhansl.

Klar wurde auf der Tagung auch, dass sich vor allem große Unternehmen mit dem Thema Energieeffizienz beschäftigen – und damit auch Geld verdienen. Bosch etwa habe bei dem Ziel, den betriebsinternen Energieverbrauch in der Produktion bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 2008 zu senken, bereits 16 Prozent erreicht, sagte Ralph-Peter Mechnik, der Vizepräsident der Zentralabteilung Fertigungskoordination und Investitionsplanung. Das Unternehmen gibt das dabei erworbene Wissen auch weiter, wenn es für Kunden das Einsparpotenzial in Gebäuden analysiert und umsetzt. So spart im Flughafen Köln-Bonn eine innovative Lüftungsanlage 37 Prozent der Lüftungskosten – und sorgt zudem für angenehmere Temperaturen im Terminal. Und auch Siemens will zum Beispiel mit Effizienzsteigerungen bei Kraftwerken, verlustärmeren Stromleitungen, intelligenteren Produktionssteuerungen und effizienteren Antrieben dazu beitragen, dass die großen Potenziale für einen sparsameren Energieverbrauch gehoben werden.