In einem Brandbrief an die Stuttgarter Bürgermeisterin Isabel Fezer fordern fünf freie Kitaträger einen Nachschlag bei der Sachkostenpauschale, andernfalls müssten die Kitagebühren erhöht werden. St. Josef hat eine klare Meinung dazu.

Stuttgart - In einem Brandbrief an die Stuttgarter Bürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) fordern fünf freie Kitaträger einen Nachschlag bei der Sachkostenpauschale – andernfalls müssten die Kitagebühren erhöht werden. Dies lehnt St. Josef aus sozialpolitischen Gründen ab und erwägt nun eine Klage gegen die Stadt.

 

In dem Brief, datiert vom 14. November, werfen die freien Träger der Stadt Stuttgart vor, dass diese die Sachkosten trotz nachweislich gestiegener Ausgaben für Energie, Wartung, Brandschutz, Reinigungs- und Küchenpersonal bei den freien Trägern seit Jahren deckele, bei den städtischen Einrichtungen jedoch nicht. Damit, so argumentieren sie, finde eine Ungleichbehandlung statt, die rechtlich nicht zulässig sei. Dass die Stadtverwaltung in den derzeit laufenden Haushaltsberatungen nicht einmal ihre Minimalforderungen berücksichtigt habe, sei „nicht nachvollziehbar“, heißt es in dem Brief. Unterschrieben haben ihn der Caritasverband, die Evangelische Gesellschaft, In Via, der Sozialdienst katholischer Frauen und St. Josef.

Die freien Kitaträger fordern eine Erhöhung der Sachkostenpauschale

Konkret fordern sie, die Jahrespauschale bei den Sachkosten pro Ganztags-Kita-gruppe um 5000 Euro auf 32 500 Euro zu erhöhen, bei den Kindergartengruppen um 1650 auf 22 000 Euro. Das würde für die Stadt abzüglich der Förderquote insgesamt 3,3 Millionen Euro Mehrkosten bedeuten. Doch damit ist auch in der noch ausstehenden dritten Lesung kaum zu rechnen – die Fraktionen haben sich in der zweiten Lesung offenbar auf eine Erhöhung der Pauschale um 1000 Euro geeinigt, macht unterm Strich 680 Euro mehr pro Gruppe.

Doch dies reiche nicht, erklärt Michael Leibinger, Geschäftsführer von St. Josef, das 40 Kitagruppen mit rund 600 Plätzen anbietet. Er fühle sich in der Klemme. Schon jetzt verlange St. Josef 120 Prozent der städtischen Kitagebühren: „Wir konnten uns schon früher nicht anders behelfen“, so Leibinger. Doch auf 150 Prozent zu erhöhen lehne er ab, da dann die Bonuscard für einkommensschwache Familien nicht mehr greife. „Wir wollen bewusst auch Familien mit weniger Einkommen erreichen“, sagt Leibinger. Er finde die ablehnende Haltung der Stadt „sozialpolitisch sehr fragwürdig“, da diese andererseits Gewinne mache und Betriebe entlaste. Auch Caritas-Vorstand Uwe Hardt sagt: „Ich kann es nicht verantworten, dass wir die Elternbeiträge erhöhen, obwohl die Kassen der Stadt gut gefüllt sind.“ Caritas-Bereichsleiter Armin Biermann ergänzt: „Die Stadtverwaltung nimmt den Bedarf der freien Träger nicht ernst.“ Es wäre, so Biermann, „Aufgabe der Verwaltung gewesen, diesen Bedarf rechtzeitig zu vertreten“. Konsequenz der Caritas: „Wir werden sicher nicht weiter Kitaplätze ausbauen – wenn das noch mehr Träger so machen, kriegt die Stadt ein Problem.“

Caritas zieht Konsequenzen und stoppt den Ausbau der Kitas

Auch die Gemeinderatsfraktionen üben Kritik. „Wir hätten uns eine Bewertung der Freien-Träger-Anträge von der Fachverwaltung gewünscht“, sagt Vittorio Lazaridis (Grüne). Judith Vowinkel (SPD) moniert, dass die Vorlage des Jugendamts spät gekommen sei – „da hatten wir unsere Haushaltsanträge schon geschrieben“. Und: „Die Brisanz war nicht klar.“ Fezer war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Jugendamtsleiterin Susanne Heynen weist die Vorwürfe zurück: Leibingers Behauptung, die Förderpauschale habe sich seit 2004 nicht verändert, sowie seine Berechnungen stimmten nicht. Es gebe auch keine Ungleichheit mit der Förderpauschale städtischer Gruppen.

Man nehme das Thema durchaus ernst, versichert Heynen, deshalb habe man es auch auf Platz drei in der Priorisierung der Verwaltung gesetzt. Dass die freien Träger es nicht auf die grüne Liste der von der Verwaltung vorgeschlagenen Vorhaben geschafft haben, sei weder dem Jugendamt noch Fezer anzulasten, so Heynen. Fezer ließ ausrichten, es habe inzwischen ein Gespräch mit den Trägern und eine Erläuterung und Richtigstellung der Eckpunkte gegeben. Im neuen Jahr werde sie mit den Trägern über das Förderthema erneut Gespräche führen.