Nach zehn Jahren wechselte der Priester 1989 als Leiter der Diözesanstelle für Bibelarbeit nach Trier. Dort war er bis vor zwei Jahren tätig. Seitdem ist er im Ruhestand, aber wirklich zur Ruhe ist er nicht gekommen - ebenso wenig wie sein Neffe, der seine unselige Geschichte bis heute mit sich herumträgt. "Ihr reinigt das Äußere des Bechers und der Schüssel, aber das Innerste strotzt vor Schmutz", heißt es im Matthäusevangelium. Es ist eines der vielen Bibelworte, die Benedikt Maria Trappen seit damals begleiten, wohin er auch geht.

Nach dem Abitur 1980 trat Trappen aus der Kirche aus und schrieb auf, was er mit seinem Onkel erlebt hatte. Er gestaltete und dokumentierte das Geschehene, das ihn seit der Kindheit verfolgte. Emotional war es damit lange noch nicht verarbeitet.

Trappen wurde Magister der Philosophie, Familienvater, Lehrer. Heute ist er Rektor einer Grundschule im Hunsrück. Weil seine christlichen Eltern den Kirchenaustritt immer wieder beklagten, erzählte er ihnen eines Tages doch noch, was der Onkel ihm 1976 angetan hatte. Die Familie hätte es darüber fast zerrissen. Die Mutter starb wenig später, mit dem Vater konnte er seitdem nicht mehr darüber reden.

Der Neffe informierte das Bistum seines Onkels in Trier


Sexuelle Gewalt gibt es nicht nur in Gotteshäusern, sondern auch in Vereinen, in Familien, in Jugendheimen und Schulen. Die katholische Amtskirche ist davon in einem Maß betroffen, das sie in ihren Grundfesten erschüttert. Allein im ersten Halbjahr 2010 sind dem Erzbistum Freiburg Hinweise und Missbrauchsvorwürfe gegen 44 Priester, Ordensleute und kirchliche Mitarbeiter aus den Jahren 1950 bis 2000 bekannt geworden. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat die Missbrauchskommission bisher 55 Fälle untersucht. Drei Priester, die noch im Amt waren, aber in zweifelhaften Würden, wurden suspendiert.

Als sich die Deutsche Bischofskonferenz im Februar 2010 mit den Sündern in ihren Reihen beschäftigte, fasste sich Benedikt Maria Trappen ein Herz und informierte das Bistum in Trier. Es dauerte seine Zeit, bis der ehrwürdige Onkel Besuch von kircheninternen Ermittlern bekam. Der Professor war sich keiner Schuld bewusst und wies alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. Er sprach von perfiden Beschuldigungen. Inzwischen war es jedoch nicht mehr allein der Neffe, der ihn belastete, sondern es hatten sich zwei weitere Opfer gemeldet, die Übergriffe bezeugten. Das Bistum schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Bei seiner Vernehmung erfuhr Trappen, dass sich bereits 2007 ein weiterer Leidtragender aus dem Jahr 1965 zu Wort gemeldet hatte. Alle Verfahren wurden eingestellt, weil die Missbrauchsfälle verjährt sind.