Zahlreiche Fluggäste von Lufthansa sind am vergangenen Freitag ohne ihr Gepäck in Stuttgart gelandet. Eine Stuttgarterin beschwert sich über den Umgang der Airline mit dem Fall.
Einige schöne Tage hatten Christine Maurer und ihre beiden erwachsenen Kinder in der georgischen Hauptstadt Tiflis verbracht. Am vergangenen Freitag ging es für die Stuttgarter Familie zurück in die Heimat – mit einem Zwischenstopp in München. Doch kaum am Airport in Leinfelden-Echterdingen angekommen, erfolgte die böse Überraschung: das Gepäck der Maurers war in der bayrischen Landeshauptstadt liegen geblieben.
Kritik an mangelnder Informationspolitik der Lufthansa
Die dreiköpfige Reisegruppe war nicht die einzige, die vergeblich am Förderband wartete: „Nach Aussagen einer Mitarbeiterin am Flughafen Stuttgart blieben rund 800 Koffer in München“, erfuhr Maurer. Betroffen seien nach Angaben der Airport-Mitarbeiterin Fluggäste aus aller Herren Länder gewesen. Diese Zahl bestätigte auch die zuständige Fluggesellschaft Lufthansa.
Ursache des Gepäckchaos war laut der Airline „Personalmangel bei der Bodenabfertigung eines Dienstleisters“, wie eine Sprecherin mitteilt. Es sei zu starken Einschränkungen gekommen.
Christine Maurer kritisiert die mangelnde Informationspolitik der Lufthansa. „In München war keine Rede davon, dass das Gepäck nicht mitgenommen werden kann“, ärgert sich die zweifache Mutter. Denn sonst hätte man den Flieger sicher nicht genommen, sondern wäre auf einen Mietwagen oder den Zug umgestiegen – Hauptsache die Koffer hätte man dabei gehabt.
Warten statt in den Camping-Urlaub oder an die Uni
Schließlich hatte das Gepäckproblem für die Stuttgarter Familie noch deutlich weitreichendere Folgen. „Mein Mann und ich wollten am nächsten Tag zu unserem gemeinsamen Urlaub aufbrechen“, sagt Maurer. So mussten sie erst einmal auf das fehlende Gepäck warten. Dabei hatten sie noch Glück im Unglück. Schließlich stand ein Camping-Urlaub auf dem Programm, „bei einer Flugreise hätten wir große Probleme bekommen“. Noch härter traf es die Tochter, die noch am gleichen Tag zum Studium nach Greifswald mit dem Zug weiterfahren wollte.
Mit einem Tag Verspätung trafen die verlorenen Koffer am Stuttgarter Flughafen ein, „jedoch nur zwei von drei“, berichtet Maurer. Das letzte Gepäckstück fand schließlich erst am Sonntag den Bestimmungsort Stuttgart. „Meine Tochter musste quasi über Nacht durchfahren, da am Montag ein Pflichtpraktikum in ihrem Studium startete“, erzählt die Mutter. Und neben viel Stress und großem Ärger kostete es sie und ihren Mann letztlich auch noch zwei Tage des wohlverdienten Urlaubs.
Fall erinnert an Gepäckchaos vom 11. August am Stuttgarter Flughafen
Lufthansa entgegnete, dass die Gepäckstücke in solchen Fällen innerhalb von 24 Stunden bearbeitet werden. Betroffene Fluggäste sollten sich an „Lost&Found“ wenden. „In der Regel wird das Gepäckstück dann schnell lokalisiert und an die Kundenwunsch-Adresse nachgesendet. Die Kosten übernimmt Lufthansa“, erklärt eine Sprecherin. Um die Situation zu verbessern, rekrutiere der betroffene Dienstleister aktiv weiteres Personal.
Der Fall erinnert an das Gepäckchaos vom 11. August, bei dem die Koffer allerdings nicht in München liegen blieben, sondern in Stuttgart: Mehrere Hundert Passagiere waren ohne Gepäck aus der Landeshauptstadt abgeflogen. Grund war eine technische Störung an der Gepäckförderanlage. Betroffen waren nach Angaben des Flughafens Stuttgart etwa 36 Flüge und rund 3600 Passagiere. 600 Koffer und Taschen blieben zurück.
Man bedauere solche Vorfälle sehr und setze alles daran, so etwas zu vermeiden, so eine Flughafen-Sprecherin. Zum aktuellen Fall könne sie aber nichts sagen, da sich der Vorfall in München zugetragen hat. Betroffenen Passagieren rät sie, sich am Lost & Found-Schalter zu melden, den es an allen Flughäfen gibt. Oder sich direkt über die App mit der entsprechenden Airline – in diesem Fall Lufthansa – in Verbindung zu setzen.
Laut Verbraucherzentrale haben Reisende, deren Gepäck verlorenen gegangen ist, zudem Anspruch auf eine Entschädigung. Bei Vorlage der entsprechenden Belege besteht die Möglichkeit, dass die Betroffenen für den nachgewiesenen Schaden entschädigt werden. Bis zu 1400 Euro können dabei von der Fluggesellschaft übernommen werden. Darunter fällt unter anderem, wenn man in der Zwischenzeit für den notwendigen Ersatz sorgt, indem man zum Beispiel Unterwäsche oder auch Hygieneartikel kauft. Entscheidend hierfür seien nach Angaben der Verbraucherschützer aber immer die Art der Reise und die Dauer der Verspätung.
Das kann bei einer Pauschalreise sogar dazu führen, dass der Reisepreis gemindert wird. Dabei muss man aber die gesetzlichen Fristen einhalten: Die Verspätung muss spätestens 21 Tage nach Gepäckrückgabe bei der Airline oder dem Reiseveranstalter gemeldet werden.
Gepäckaufkommen am Stuttgarter Flughafen
Passagiere
Alleine im vergangenen Jahr gab es 92 000 Flugbewegungen am Flughafen Stuttgart. An starken Tagen wie in den Sommerferien werden zwischen 20 000 und 25 000 Passagiere gezählt.
Gepäckaufkommen
Rein rechnerisch kommt jeder Fluggast auf ein bis 1,5 Gepäckstücke. Somit werden bis zu 30 000 Koffer und Taschen am Tag aus- oder eingeladen.
Technik
Auf den voll automatisierten Förderbändern durchlaufen die Koffer einen mehrstufigen Sicherheitscheck. Die Gesamtlänge in allen Terminals beträgt mehr als vier Kilometer. Das Gepäck wird von der Zentrale überwacht und mit den sogenannten Dollies, kleinen Rollwagen mit Zugmaschine, zum jeweiligen Flugzeug auf dem Rollfeld geschleust. Bei größeren Maschinen kommen auch Container zum Einsatz. Zur Entlastung der Muskulatur tragen die Mitarbeiter zum Teil auch Exoskelette.