Seit 13 Jahren fehlt Wolfgang Grube bei keinem ESC-Finale. Wir sprachen mit dem Stuttgarter Superfan über die Stimmung und das Sicherheitsgefühl in Tel Aviv sowie über seine Favoriten. Den Sieg traut er den Niederlanden und Frankreich zu.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart/Tel Aviv - In Israel verrät ein Sprichwort, wo die Unterschiede liegen: „In Haifa wird gearbeitet, in Jerusalem gebetet und in Tel Aviv gefeiert.“ Beim Feiern mitten drin ist ein Schwabe, der seit 13 Jahren bei keinem Finale des Eurovision Song Contest fehlt. Wolfgang Grube, der deutsche Pressesprecher des größten ESC-Fanclubs OGAE (Organisation Générale des Amateurs de l’Eurovision), hat sich begeistert aus der Partyhochburg gemeldet. „Alles ist sehr entspannt“, berichtet er unserer Zeitung, „es ist beeindruckend, wie unaufgeregt die Ordnungskräfte für Sicherheit sorgen, ohne dass man ständig und übertrieben kontrolliert wird.“ Obendrein genießt der Stuttgarter „herrlichstes Sommerwetter“. Der ESC-Spaß überlagert den Nahost-Konflikt.

 

Zum Baden bleibt Grube kaum Zeit am Strand von Tel Aviv, der 14 Kilometer misst. Jeden Tag zieht es ihn zum „Orange Carpet“ des Kongresszentrums Expo, in dem die Teilnehmer proben, in dem nach den Vorentscheidungen am Samstag das Finale knallig bunt gefeiert wird. Stets im Mai nimmt der Bereichsleiter der ZAV-Künstlervermittlung der Arbeitsagentur frei. Der ESC ist für ihn eine „Kraftquelle im Alltag“.

„Der deutsche Beitrag wird es schwer haben“

„Dare to Dream“ (wage zu träumen), so lautet diesmal das Motto des Großevents. Wolfgang Grube ist zwar ein begeisterter Unterstützer seines Heimatlandes. Doch seine Träume reichen nicht so weit, dass er dem deutschen Beitrag „Sisters“ Siegeschancen einräumt. Gesungen wird das Lied von einem Duo, das so heißt wie der Titel, aber sich mit Ausrufezeichen etwas eigentümlich S!sters schreibt. „Die beiden werden es schwer haben, einen Platz zwischen 15 und 20 zu erreichen“, glaubt der OGAE-Pressesprecher. Seit der letzten Probe habe sich „ihre Inszenierung zum Besseren gewendet“.

Ist es ein Zeichen, das der Teppich nicht rot ist, sondern Oranje wie die Holländer? Grube glaubt, dass die Niederlande mit Duncan Laurence„am Ende die Nase vorn haben“. Sicher könne man aber nicht sein. „Der ESC wäre nicht der ESC, wenn es nicht noch ganz anders kommen könnte“, sagt er.

„Den Menschen sollte weltweit klar werden, wie gleich wir alle sind“

Begeistert ist der Stuttgarter außerdem vom 19-jährigen Franzosen Bilal Hassani, der mit marokkanischen Wurzeln und androgynem Auftreten fernab vom Durchschnitt ist. Sein Auftritt habe mit „opulenter Bühnenprojektion“ und dem „Zusammenspiel mit seinen Begleiterinnen“ überzeugt. „Seine Stimme trägt“, berichtet Grube. Auch die australische Inszenierung rage heraus. „Die Israelis sind unglaublich gastfreundlich und hilfsbereit“, freut sich Fansprecher.

„Dare to Dream“ – was wagt Wolfgang Grube zu träumen? Sein Antwortet lautet: „Ich wünsche mir, dass sich die Menschen weltweit bewusster machten, wie gleich wir alle eigentlich sind. Dann hätte es niemand mehr nötig, andere auszugrenzen und sich selbst aufzuwerten.“