Am Dienstag treffen sich OB Fritz Kuhn und SWR-Intendant Peter Boudgoust, um über die Zukunft des Stuttgarter Fernsehturms zu beraten. Derweil nimmt eine Gutachterfirma die Arbeit auf, die klären soll, unter welchen Umständen man den Turm wieder öffnen könnte.

Stuttgart - Am Dienstag kommt es zum ersten direkten Spitzengespräch zwischen OB Fritz Kuhn (Grüne) und SWR-Intendant Peter Boudgoust seit der Schließung des Fernsehturmes vor knapp zwei Wochen. Dabei wird offiziell das gemeinsame externe Gutachten in Auftrag gegeben. Dem Vernehmen nach soll die bundesweit tätige Firma Halfkann-Kirchner den Bericht erarbeiten. Das Unternehmen ist spezialisiert darauf, Konzepte für den Brandschutz in Gebäuden zu entwickeln. Zum Beispiel war das Büro, das eine Niederlassung in Stuttgart hat, maßgeblich beim Brandschutz im Mercedes-Museum, in der Liederhalle oder im Fildorado tätig.

 

Auch mit dem SWR hat die Firma schon zusammen gearbeitet, so dass sie dessen Vertrauen besitzt. Das Gutachten soll vorwiegend die Frage klären, welche baulichen Maßnahmen erfolgen müssen, um den Fernsehturm wieder öffnen zu können. Wann es vorliegt, ist völlig offen. Siegfried Dannwolf, der Geschäftsführer der SWR Media Services, hofft aber, dass es sich dabei um Tage und nicht um Wochen handelt.

SWR verweist auf die unbefristete Genehmigung

Die Mitarbeiter des SWR machen weiter keinen Hehl daraus, wie schwer sie die Schließung des Fernsehturmes getroffen hat: „Wir sind traurig und erschüttert“, ist ganz oben auf der offiziellen Website des Fernsehturmes zu lesen. Beim Äußern von Gefühlen wird es wohl nicht bleiben. „Wir prüfen gerade, ob wir juristisch gegen die Stadt Stuttgart vorgehen und Schadensersatz einklagen“, sagte Siegfried Dannwolf. Denn der SWR habe eine unbefristete Genehmigung für den Fernsehturm besessen – es sei also fraglich, ob OB Fritz Kuhn ihn einfach schließen konnte.

Dass es um beträchtliche Summen geht, kann man anhand der Besucherzahlen leicht hochrechnen: Jährlich nimmt der SWR mehr als eine Million Euro an Eintrittsgeldern ein; jeden Tag fehlen also im Schnitt mehr als 3000 Euro. Die Fixkosten aber bleiben weitgehend gleich: Man habe alle Mitarbeiter nur freigestellt und noch niemanden gekündigt, sagte Dannwolf. In den Lokalen im Fernsehturm seien dagegen schon Angestellte gekündigt worden, so Dannwolf. Alexander Deißler, der die Gastronomie im Fernsehturm betreibt, ging am Montag nicht an sein Mobiltelefon.

Ehemaliger Gastro-Betreiber: Strenge Brandschutzvorschriften

Armin Karrer, der von 1999 bis 2004 gemeinsam mit Willi Weber in der Zwischenebene des Turms ein Gourmetrestaurant betrieben hat, kann keinesfalls bestätigen, dass früher die Brandschutz-Bestimmungen lax gehandhabt worden seien. „Uns sind zahlreiche Küchen-Architekten abgesprungen, weil die Planungen so kompliziert waren“, erklärt Karrer: „Es wurden zum Beispiel nur schwer entflammbare Textilien zugelassen. Zudem waren keine Kerzen erlaubt, dazu durften wir nicht mit offenem Feuer kochen. Natürlich haben wir am Ende dann ein paar Tricks angewandt, das darf man heute aber nicht mehr laut sagen“, so Karrer, der sich im Fernsehturm einen Stern erkochte und heute das Gourmetrestaurant Avui in Fellbach leitet.

Karrer und Weber hatten sich vor 15 Jahren mit einer Betriebsschließungsversicherung für den Fall der Fälle abgesichert: „Die brauchst du als Gastronom ohnehin immer und bei einem Gebäude wie dem Fernsehturm gleich zweimal.“

Kritik am OB aus den Reihen von CDU und SPD

Sowohl die CDU- als auch die SPD-Gemeinderatsfraktion haben am Montag die überstürzte Schließung des Fernsehturmes kritisiert. Man hätte durchaus das Ergebnis des Gutachtens abwarten können, sagte CDU-Fraktionschef Alexander Kotz: „Bis dahin hätte man eine ständige Brandwache vor Ort installieren oder die Zahl der Besucher reduzieren können.“ SPD-Stadtrat Andreas Reißig hielt auch die Kommunikation Kuhns nicht für optimal: Es sei zu spät informiert und die Lage dann mit Begriffen wie „Todesfalle“ dramatisiert worden.

Reißig mahnte eine Debatte darüber an, inwieweit die Gesellschaft noch bereit ist, Risiken zu akzeptieren: Der Aufwand zum Brandschutz sei längst immens. So dürften teils in Schulen keine gemalten Bilder mehr aufgehängt werden, da die Brandlast zu hoch sei: „Wir können aber nicht alle Gefahren im Leben ausschließen“, so Reißig.