Der Stuttgarter Fotograf Max Leitner stellt in Degerloch seine Bilder aus. Themen: Architektur, Urbanität und ihre Endlichkeit. Warum er sie im Foyer eines Bauunternehmens zeigt.

Besser kann man den Fernsehturm kaum in Szene setzen. Der riesige Vollmond ist exakt mittig hinter dem Antennenmast des Stuttgarter Wahrzeichens platziert und taucht es in ein außergewöhnliches Licht. Max Leitner hat das Foto vom Hasenberg im Westen aus geschossen. Einmal im Jahr, Mitte Juni, biete sich die Möglichkeit, den Super-Mond in dieser Konstellation mit dem Fernsehturm abzulichten. Der 30-Jährige muss es wissen, beschäftigt er sich als Fotograf doch hauptberuflich mit der Suche nach dem perfekten Bild.

 

Das Fernsehturm-Foto und 13 andere Motive sind aktuell in seiner Ausstellung „Topos“ in Degerloch zu sehen. Themen: Architektur und Urbanität, Stadtlandschaften und „wie sich der Mensch wieder rausnimmt“, sagt Max Leitner. Die Bilder zeigen eine alte Pariser Bahnlinie, einen Hochfriedhof in Portugal, die Skyline von Chicago, den glitzernden Eiffelturm vor der dunklen Stadt. Ästhetische Ansichten irgendwo zwischen hochmodern und verfallen, zwischen lebendig und vergänglich. Ein wiederkehrendes Thema ist die Natur, die sich urbane Räume zurückeroberte. Max Leitner spricht vom „Kontrast zwischen geleckt und Ich-bin-fast-schon-nicht-mehr-da“ und der „Romantik, die sich dazwischen aufbaut“.

Seine Motive findet er im Vorbeigehen

Max Leitner sagt, die Fotografie habe ihn immer begleitet. Schon seine Oma habe fotografiert, auch die Eltern seien kreativ. Seine erste Kamera habe er mit neun Jahren erhalten, studiert hat er schließlich in Chicago. Seine Motive findet der Stuttgarter überall auf der Welt, auch in der Region im Vorbeigehen, indem er „die Nase mal reinhängt, wo man nicht sollte“, sagt er und grinst. Entlang der B14, der B10 und der B29, der „Haupttrassen der Industrie“, finde er Motive, etwa in alten Gerbereien. Stuttgart selbst biete für seinen Geschmack indes wenig, allenfalls die Stadtbibliothek, den Schlossplatz oder die Kelchstützen im neuen Hauptbahnhof. Vieles sei jedoch lapidar.

Außergewöhnlich ist indes der „Topos“-Ausstellungsort, das Foyer des Bauunternehmens Gustav Epple in der Tränke in Degerloch. Der Neubau wurde erst im Januar bezogen. Zuvor hatte die Firma an der Heinestraße gesessen. „Rechteckig und langweilig“ sei das 80er-Jahre-Gebäude gewesen, sagt Götz Ellinger, geschäftsführender Gesellschafter. Die neue Firmenzentrale in Beton- und Holzoptik ist indes groß, licht und apart. Das Herzstück der Foyers ist die verschlungene weiße Treppe. „Sie erinnert an das Guggenheim-Museum“, findet Beate Susanne Wehr, die Kuratorin von „Topos“. Es gehe unter anderem darum, sich als modernes Unternehmen und auch attraktiver Arbeitgeber zu zeigen, „da musst du etwas mehr bieten als den Standard“, sagt der Chef.

Eine Hommage an Gustav Epple

Dass Max Leitner im Foyer das Fernsehturm-Bild zeigt: selbstredend. Es sei eine Hommage an Gustav Epple. „In den Jahren 1955/1956 wurde der 217 Meter hohe Fernsehturm mit Gustav Epple erbaut“, heißt es auf der Firmen-Homepage. „Topos“ ist in der jetzigen Form noch bis 9. Dezember unter der Woche nachmittags zu sehen. Nach einer Weihnachtspause werden ab dem 9. Januar 2023 weitere Bilder von Max Leitner gezeigt, und zwar bis 24. März. Doch auch danach sollen Kunst und Kultur im Gebäude Einzug halten, betont Götz Ellinger, „ich bin da offen für alles“.