In der Stuttgarter Frauenklinik ist in nur fünf Wochen ein neuer Kreißsaal gebaut worden. Nächste Woche schon sollen darin die ersten Babys auf die Welt kommen. Für 2018 erwartet die Klinik einen Geburtenrekord. 2019 dürfte der nächste folgen – aus einem ganz anderen Grund.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Nur die Beschriftung neben der Tür deutet darauf hin, dass der neue Kreißsaal an einem Ort gebaut worden ist, der vor kurzem eine andere Bestimmung hatte: „Wehen/Entspannung“ steht (noch) auf dem Schild geschrieben. Innerhalb von nur fünf Wochen ist der ehemalige Warteraum der Stuttgarter Frauenklinik in einen Kreißsaal verwandelt worden. Das sei eine Rekordzeit, wie der Kaufmännische Geschäftsführer des Klinikums Stuttgart, Alexander Hewer, betont. Gemeinsam mit dem Ärztlichen Direktor der Frauenklinik, Ulrich Karck, und der Leitenden Hebamme Elfriede Lochstampfer, hat er am Freitag den neuen Kreißsaal der Öffentlichkeit präsentiert, der in einem warmen Orangeton gehalten ist.

 

Die TÜV-Abnahme ist am vergangenen Mittwoch erfolgt. Am nächsten Montag sollen die letzten Schubladen eingeräumt werden, dann folgt die hygienische Endreinigung. Noch vor Weihnachten, so Karck, würden in dem Kreißsaal Nummer sechs die ersten Babys auf die Welt kommen. Man merkt ihm die Erleichterung an. Sie arbeiteten an der Kapazitätsgrenze, berichtet er. 2018 werden so viele Babys in der Frauenklinik auf die Welt gekommen sein, wie noch nie, das steht schon fest. Das Klinikum geht von 3500 Geburten aus. Zum Vergleich: 2017 waren es 3242 Babys.

Günstiger und schneller als Berechnung von 2015

2019 dürfte die Zahl sogar noch mal deutlich hochgehen. Die Klinik Charlottenhaus steigt zum 21. Dezember aus der Geburtshilfe aus, das setzt die vier verbliebenen Stuttgarter Geburtskliniken unter Druck. Die Zahl der Geburten im Charlottenhaus lag bei rund 1000 im Jahr. Alle vier Träger haben versprochen, die Kapazitäten aufzustocken. „Das Ziel muss sein, das keine Frau im Park ihr Kind kriegt“, betont Karck. Für ihn sei immer klar gewesen, dass sie alles tun müssten, um das zu verhindern.

Den Bedarf für einen sechsten Kreißsaal hatte die Frauenklinik eigentlich schon vor drei Jahren angemeldet. Doch damals sei man noch von mindestens 1,5 Millionen Euro Umbaukosten und einer Bauzeit von knapp neun Monaten ausgegangen, berichtet Karck. Allerdings hätten sich die alten Berechnungen auf eine andere Räumlichkeit innerhalb der Frauenklinik bezogen. Im Vergleich dazu ist es nicht nur rasend schnell gelungen, den Kreißsaal zu realisieren, sondern die Kosten liegen auch deutlich niedriger. 250 000 Euro hat das Klinikum in den neuen Kreißsaal investiert. Manhabe dem Projekt besondere Priorität eingeräumt, so Hewer, das gelte auch für die Beschaffung von Mobiliar und Medizintechnik.

Suche nach Hebammen für sechs neue Stellen

Von den räumlichen Kapazitäten her könnte die Frauenklinik nun auf dem Papier 3900 Geburten bewältigen – 650 Geburten pro Kreißsaal. Die Realität wird aber auch vom Hebammenmangel beeinflusst. Die Frauenklinik darf neues Personal einstellen, der Stellenplan wurde wegen des Kreißsaals erhöht. Zwei Ärzte kommen bei den Gynäkologen hinzu, das Hebammenteam wird um sechs Stellen erweitert. „Wir sind sehr bestrebt, die Stellen gut zu besetzen“, sagt Elfriede Lochstampfer in Bezug auf die Hebammen. Das Klinikum setzt dabei auch auf den eigenen Nachwuchs. 54 Hebammen befinden sich laut Hewer aktuell in der Ausbildung, 18 Frauen pro Jahrgang.

In die Frauenklinik kommen weiterhin vergleichsweise viele Risikoschwangere. 2018 sind 150 Zwillingspaare in der Geburtsklinik auf die Welt gekommen, es gab sieben Drillingsgeburten. Rund 1250 Babys mussten 2018 (inklusive der Prognose für Dezember) auf der neonatologischen Intensivstation im Olgäle weiterbehandelt werden, darunter 120 Extremfrühchen.