Die Bürgerinitiative „Die Anstifter“ hat am Sonntagabend den Amerikaner Edward Snowden mit dem Friedenspreis ausgezeichnet. Er werde nicht aufhören, für Freiheit zu kämpfen, sagt der Whistleblower in seiner Dankesrede.

Stuttgart - Ines Pohl hat kaum Zeit gehabt, ihre Laudatio zu beenden, da erschien schon Edward Snowden auf der Leinwand des Theaterhauses. „Wir haben eine Verbindung“, sagte die Chefredakteurin der „Taz“ und unterbrach ihre Rede für die Dankesworte des 31-jährigen Whistleblowers. „Es ist mir eine Ehre“, sagte der junge Amerikaner, der die weitreichenden Überwachungsprogramme des US-Geheimdienstes NSA an die Öffentlichkeit gebracht hat. Seit Monaten befindet er sich im russischen Exil, um dem Zugriff amerikanischer Behörden zu entgehen. Sympathie und Solidarität schlagen ihm aber nicht nur in Russland, sondern auch im Rest der Welt entgegen. Auch in Stuttgart: am Sonntagabend bekam er den Friedenspreis der Stuttgarter Bürgerinitiative „Die Anstifter“ verliehen.

 

In seiner folgenden Dankesrede umriss er kurz seine Aktionen in der Vergangenheit, kam auf seine Helfer zu sprechen und auf die Konsequenzen seines Handelns: „Ich wurde gewarnt, das zu tun. Es sei zu gefährlich für mich und für die Familie. Ich hätte jahrzehntelang im Gefängnis eingesperrt werden können, das wusste ich.“ Trotz aller Konsequenzen bereue er aber bis heute nichts. Es habe sich viel verändert, die Gesellschaft denke anders über Freiheit nach, Diskussionen seien wieder entfacht. Die Menschen fragten sich, ob die Überwachung wirklich nötig sei und würden beginnen, für ihre Rechte einzustehen, sowie zu versuchen, ihre Privatsphäre zu schützen. Deshalb höre er auch jetzt nicht auf, für das Recht auf Privatheit und Freiheit zu kämpfen. „Mit der Überwachung wird nicht der Terrorismus bekämpft, sondern die Freiheit zerstört“, sagte er.

Wahl ist kontrovers diskutiert worden

Edward Snowden bestätigte mit seiner Rede die Gründe für seine Nominierung. „Wir ehren damit seinen außerordentlichen Verdienst, der Gesellschaft klar zu machen, wie es um die Freiheit und Privatsphäre tatsächlich bestellt ist“, sagte Fritz Mielert, der Geschäftsführer der Initiative „Die Anstifter“. „Edward Snowden hat alle Brücken hinter sich abgebrochen, um einen der größten Geheimdienstskandale der Geschichte zu enthüllen.“ Er habe damit einen wichtigen Impuls gegeben, die Attacken gegen die Freiheit der Bevölkerung zu beenden. Über die Wahl sei durchaus kontrovers diskutiert worden. Eigentlich sei der Preis meist für nicht privilegierte Personen bestimmt. „22 Leute aber hatten Edward Snowden vorgeschlagen“, sagte Peter Grohmann, der Vorsitzende der Initiative. Am Ende habe man sich auf Snowden geeinigt. „Letztlich standen die meisten voll dahinter“, so Mielert. Ebenso die Gäste am gestrigen Abend im Theaterhaus: in den Rängen hatten zahlreiche Gäste mit Plakaten die Ränge gesäumt. „Aufklärung jetzt" stand darauf oder „We stand with you“ und „Dem Mutigen gehört die Welt.“

Der Stuttgarter Friedenspreis wird seit elf Jahren an Bürger vergeben, die sich, wie es Peter Grohmann ausdrückt, in besonderer Weise für Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität einsetzen. Die Auszeichnung ist mit 5000 Euro dotiert. In der Vergangenheit ist etwa der Asylpfarrer Werner Baumgarten für seine Arbeit mit Flüchtlingen ausgezeichnet worden, ebenso im Jahr 2013 Überlebende des NS-Massakers im italienischen Sant’Anna di Stazzema .

Neben Taz-Chefredakteurin Ines Pohl und dem Geschäftsführer Fritz Mielert war bei der Gala am Sonntagabend im Theaterhaus auch der Schauspieler Walter Sittler auf der Bühne, der Worte berühmter Vordenker und Revolutionäre rezitierte, sowie die Band „Rainer von Vielen“ mit ihren sozialkritischen Texten.