Dirndl und Lederhose ist in. Vor allem zum Frühlingsfest gewinnt die Trachtenmode wieder an Attraktivität. Was ist der Trend für 2016? Wir haben uns in Stuttgarter Fachgeschäften beraten lasen.

Stuttgart - Für Ihre Magisterarbeit befragte die studierte Volkskundlerin Simone Egger 2004 und 2005 auf dem Münchner Oktoberfest Besucher, die Dirndl oder Lederhose trugen. Die Befragten gaben an, mit der Trachtenmode Begriffe wie Tradition und Heimat zu verbinden.

 

Seit dieser Befragung sind mehr als zehn Jahre vergangen. Der Trend zur Tracht hat sich in der Zwischenzeit um ein Vielfaches verstärkt. Mittlerweile sieht man nicht nur auf der Münchner „Wiesn“ zahlreiche Männer, Frauen und Kinder in Lederhose oder Dirndl. Auch in Stuttgart ist der Trend längst angekommen und zeigt sich vor allem bei den zwei Mal im Jahr stattfindenden Volksfesten auf dem Cannstatter Wasen.

Wenn Wasen-Bürgermeister Michael Föll am Samstagnachmittag das Stuttgarter Frühlingsfest per Fassanstich offiziell eröffnet, ist das für viele Menschen der Startschuss zu drei Wochen Party in Tracht.

Wenige Tage vor dem Eröffnungsakt hält sich der Trubel in Stuttgarts Trachtengeschäften jedoch noch in

Trachtengeschäfte erwarten Kundenansturm nach Festbeginn

Grenzen. „Bisher merken wir nur sehr wenig von der Frühlingsfestvorfreude der Stuttgarter, rechnen aber im Laufe der ersten Festwoche mit mehr Kunden“, sagt Anja Bauer, die als Filialleiterin des Stuttgarter Trachtengeschäfts „Angermaier“ in der Eberhardstraße arbeitet, wenige Tage vor dem Start.

Der Laden, der seit rund sieben Jahren in Stuttgart zu finden ist und mittlerweile auch das ganze Jahr seine Waren anbietet, hält all das bereit, was die Festbesucher für einen Tag auf dem Volksfest benötigen. Bunt bestickte Dirndl, traditionelle Blusen, hochwertige Lederhosen, passende Schuhe und jede Menge Accessoires finden sich auf der Verkaufsfläche.

Nur sechshundert Meter weiter in der Calwer Straße sind die Verkäuferinnen der Krüger-Dirndl GmbH für das anstehende Volksfest bestens vorbereitet. „Wir merken schon seit einigen Wochen, dass das Frühlingsfest kommt“, beschreibt Filialleiterin Carmen Peter die Kundenfrequenz.

Dirndl und Lederhose sind wieder salonfähig

Auch Carmen Peter kann den allgemeinen Trend zu Lederhose und Dirndl beim Volksfest bestätigen. „Wir spüren natürlich die steigende Beliebtheit der Trachtenmode“, sagt die Filialleiterin. Zwar gehörten die Feste auf dem Cannstatter Wasen weiterhin zur Hauptsaison, wobei das Cannstatter Volksfest im Herbst für noch mehr Kunden als das Frühlingsfest sorge, doch kauften auch immer mehr Kunden für Hochzeiten oder andere besondere Anlässe.

Die Tracht, die wohl in den 1870er Jahren in Oberbayern entstand, als wohlhabende Städter die bäuerliche Tracht der Alpenlandbevölkerung entdeckten und mit Stickereien aufwerteten, erlebe seit einigen Jahren einen regelrechten Boom, erzählen die Verkäuferinnen der Stuttgarter Fachgeschäfte. „Man kann sagen, dass Trachtenmode wieder salonfähig geworden ist“, fasst Bauer den Trend zusammen.

Auch für 2016 haben sich die Designer der Trachtenhäuser wieder einiges einfallen lassen und erwarten die Kunden mit neuen Kollektionen. „In diesem Jahr haben wir vor allem Dirndl in Pastellfarben, weniger grell als in den vergangenen Jahren“, erklärt die „Angermaier“-Filialleiterin. Carmen Peter von der Krüger-Dirndl GmbH fügt hinzu: „Bei den Accessoires geht der Trend weg vom Hut. Dieses Jahr stehen Ketten oder Charivari im Blickpunkt“.

Früher Statussymbol, heute Schmuckstück

Dabei handelt es sich um mehr als 30 Zentimeter lange Ketten, die mit Tierzähnen, Geweihen, Edelsteinen oder Geldmünzen versehen sind. Früher galten die heutigen Schmuckstücke, die an der Lederhose befestigt werden, als Statussymbol oder Talisman für die Jagd.

Doch was trägt Mann 2016 beim Frühlingsfestbesuch? Auch hierauf haben die Stuttgarter Trachtengeschäfte eine Antwort. Da sich immer mehr junge Männer für eine Lederhose entscheiden, darf es auch in diesem Jahr wieder recht kurz zugehen. „Wir können auch beobachten, dass unserer Kunden bereit sind, mehr Geld in die Hand zu nehmen und sich für hochwertige Produkte entscheiden“, heißt es in den beiden Fachgeschäften.

Preislich könne man aber ein Starter-Set mit Lederhose, Hemd, Schuhen und ein paar Accessoires schon ab rund 200 Euro anbieten, heißt es bei Angermaier. Für ein Dirndl in der unteren Preisklasse müsse man rund 150 Euro auf den Ladentisch legen.

Discounter, Versandhandel oder Fachgeschäft?

Im Vergleich zu Discountern, die regelmäßig in der Volksfestsaison mit Rabattaktion Trachtenmode günstig an den Mann oder die Frau bringen wollen, oder auch Versandhändlern, sind das wohl immer noch stolze Preise. „Ein Dirndl oder eine Lederhose kauft man in der Regel einmal im Leben. Dann sollte man sich das Ganze schon etwas kosten lassen“, wirbt Anja Bauer für den Gang ins Fachgeschäft. „Wir haben viele Kunden, die zuerst im Versandhandel bestellt haben, und dann zu uns kommen. Eine Tracht muss einfach passen“, führt die Expertin weiter aus.

Am Ende verrät Bauer noch eine Besonderheit für alle Dirndl-Trägerinnen: „Wird die Schleife auf der linken Seite getragen, so ist man noch als Single unterwegs. Ist sie auf der recht Seite gebunden, ist die Dame liiert oder verheiratet.“ Bei den Männern könne man allerdings nicht von der Lederhose auf den Beziehungsstatus schließen: „Dann müssen die Damen eben nachfragen“, schließt die Trachten-Expertin ihre Ausführungen.

Natürlich haben wir es bei unserem Besuch in den Stuttgarter Trachtengeschäften nicht beim Reden Belassen. Die Bilder der Fotoshootings mit der neuen Trachtenmode finden Sie in unserer Bildergalerie.